Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - A18
DOI: 10.1055/s-0034-1374753

Lichen sclerosus im Kindes- und Jugendalter: eine explorative retrospektive Fallsichtung und Befragung von Mädchen von 0 bis 18 Jahren

A Weigl 1, D Dörfler 1
  • 1Abteilung für allg. Gynäkologie und gynäkologische Onkologie, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien

Fragestellung: Ziel der Studie war es, den aktuellen Stand an Lichen sclerosus (LS) betroffener Mädchen zwischen 0 und 18 Jahren am Allgemeinen Krankenhaus (AKH) Wien zu erfassen. Methodik: Zuerst wurde eine retrospektive Datenschau von an LS betroffener Mädchen, die zwischen Oktober 1996 und August 2012 am AKH Wien auf der Kinder- und Jugendgynäkologischen Ambulanz vorstellig wurden, vorgenommen. Die Datengewinnung stützte sich auf digitale Krankenakten. Im prospektiven Teil der Studie wurde eine Befragung der erfassten Mädchen durchgeführt. Die betroffenen Patientinnen, beziehungsweise deren Erziehungsberechtigte, wurden telefonisch kontaktiert und erhielten bei Interesse einen Fragebogen per Post. Dieser wurde für die Diplomarbeit erstellt und sollte unter anderem Verlauf, Einfluss angewandter Behandlungen, Begleiterkrankungen und Familienanamnese beleuchteten. Ergebnisse: Im untersuchten Patientengut wiesen 22 Mädchen die Diagnose LS und 12 den Verdacht darauf auf. Da die Diagnosestellung bei LS im Kindes- und Jugendalter klinisch verläuft, und alle Betroffenen Zeichen für LS zeigten, wurden alle 34 Patientinnen in die Studie eingeschlossen. 23,5% der Betroffenen kamen zur Abklärung oder Kontrolle eines LS. Die Hälfte stellte sich wegen therapieresistenten Vulvovaginitiden vor. Begleiterkrankung wurden in acht von 14 Akten angegeben: Neurodermitis, Glucose-6-Dehydrogenasemangel, Obstipation, Zustand nach Pupura Schönlein-Henoch und Granuloma annulare und Adipositas. Bei der gynäkologischen Untersuchung zeigten die Betroffenen hauptsächlich „LS typisches“ Geschehen (44,1%), Rötung (38,2%) und abgeblasste Haut (38,2%). Es fanden sich keine dokumentierten Fälle von extragenitalen Symptomen. Bei einer 85,2%-igen Mehrheit der Mädchen war die Untersuchung des äußeren Genitals ausschlaggebend für die Diagnostik. Behandelt wurden 85,3% der Betroffenen mit glukokortikoidhältigen Topika, 82,8% davon mit Clobetasol-17-Propionat. Eichenrindensitzbäder (38,2%) und Dequadec Salbe (35,3%) galten ebenso als häufige Verschreibungen. Eine Patientin wurde mit Pimecrolimus behandelt. Vor dem Jahr 2000 wurde dreimal Progesteron eingesetzt. Bei 70% der Betroffenen besserte sich die Symptomatik unter Behandlung. Drei Patientinnen litten an dauerhaften Strukturveränderungen. Acht Patientinnen konnten für den Fragebogen rekrutiert werden. Es waren keine familiären LS Fälle zu erheben. Die erste LS Symptomatik bemerkten die Patientinnen mit durchschnittlich 5,5 Jahren und im Mittel hatten sie eine Erstdiagnose mit 7 Jahren. Alle schon menstruierenden Mädchen gaben den Beginn der ersten Symptome vor der Menarche an. Pruritus stellte das stärkste und von allen empfundene anogenitale Symptom dar. Danach folgten Abblassung der Haut und Schmerzen. Die Betroffenen gaben zur einen Hälfte totale Heilung, zur anderen Verbesserung des LS an. Abgeblasste Haut stellte das häufigste bestehende Symptom dar. Strukturveränderungen, extragenitale Beschwerden und Dyspareunie wurden jeweils einmal verzeichnet. Schlussfolgerung:

Die Daten zeigen oft lange Abklärungswege, besonders bei therapieresistenten Vulvovaginitiden. Das mehrfache Vorkommen von Neurodermitis ließ die Frage aufkommen, ob eine Assoziation mit LS bestehe oder ob es sich vielleicht um missinterpretierte extragenitale Symptome von LS handeln könnte. Eine gute Prognose für LS zeigte sich in der Pubertät, 70% des gesamten Kollektivs besserte sich tendenziell.