Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - A9
DOI: 10.1055/s-0034-1374744

Differentialdiagnosen retrorektaler Raumforderungen

V Handler 1, M Riegler-Keil 1
  • 1Semmelweis Frauenklinik Wien

Einleitung: Retrorektale Raumforderungen sind in der Praxis selten. Die umfassenden Differenzialdiagnosen, aber auch die Möglichkeit der malignen Entartung machen die Kenntnis dieser Tumore notwendig. Die Differenzialdiagnose umfasst Hamartome, kolorektale Karzinome, Lymphome, Chordome, perineurale Zysten, Abszesse, Dermoidzysten, Epidermoidzysten und enterale Zysten. Die genannten Tumore werden oft als Zufallsbefunde im Rahmen von Routineuntersuchungen diagnostiziert. Insbesondere Tailgut-Zysten finden sich in erster Linie bei Frauen mittleren Alters. Fallpräsentation: Bei einer 33-jährigen Frau wird als Zufallsbefund eine Ovarialzyste links diagnostiziert. Im Rahmen der weiteren Abklärung kann ein vom Ovar ausgehender Tumor ausgeschlossen werden. Das MRI des kleinen Beckens ergibt eine 4 × 5,2 cm große, links pararektal gelegene, retrouterine Raumforderung. Eine Raumforderung teratogener Genese. In weiterer Folge wird eine explorative Pfannenstiellaparotomie veranlasst. Intraoperativ zeigt sich insbesondere das innere Genitale betreffend ein völlig unauffälliger Situs. Erst bei genauer Inspektion lässt sich eine prallelastische Raumforderung im Retroperitoneum tief im Douglas tasten. Nach folgender, interdisziplinärer Inspektion des intraoperativen Situs wird die Operation abgebrochen und eine intensivere Abklärung beschlossen. Die weitere klinische Untersuchung, sowie die erweiterte endoskopisch-radiologische Diagnostik und Zytologie einer Douglas Punktion kann keine eindeutige Klärung der Ätiologie erbringen. Sämtliche Tumormarker (CA125, CA 19 – 9, CEA, ßHCG, AFP) befinden sich im Normbereich. Nach einer erneuten, hochauflösenden MRI des kleinen Beckens besteht der Verdacht eines retrorektalen, zystischen Hamartoms, einer sogenannten Tailgut-Zyste. Ergebnisse: Im interdisziplinären Team kann eine komplikationslose Exstirpation eines abgekapselten Tumors in toto per medianer Laparotomie erfolgen. Der postoperative Verlauf gestaltet sich insgesamt als komplikationslos. Die Histologie des intraoperativ gewonnenen Resektates ergibt ein reifes zystisches Teratom ohne Hinweis für Malignität. Das Vorliegen einer Tailgut-Zyste kann histologisch aufgrund einer gut definierten Muskelschicht ausgeschlossen werden. Ebenso kann die differentialdiagnostisch relevante enterale, zystische Duplikatur aufgrund des Fehlens intestinalen Epithels ausgeschlossen werden.

Es ist zu diesem Zeitpunkt keine weitere Therapie notwendig. Schlussfolgerung: Die Kenntnis der Differenzialdiagnosen retrorektaler Raumforderungen ist für die Praxis essentiell. Vor einer chirurgischen Entfernung ist eine genaue präoperative Diagnostik, sowie ein interdisziplinärer Zugang unabdingbar.