Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0034-1372681
Themen · Termine
Publication History
Publication Date:
03 April 2014 (online)
Belgien erlaubt aktive Sterbehilfe für Kinder und Jugendliche
Im Februar hat das belgische Parlament einem Gesetz zugestimmt, das Kindern und Jugendlichen erlauben soll, auf ihren erklärten Wunsch hin ärztlich getötet zu werden. Der Bundesverband Kinderhospiz e. V. hat Stellung genommen und fragt: Machen wir diese Kinder glücklicher, wenn wir sie töten?
„Wenn einem Kind aufgrund einer unheilbaren Erkrankung keine Zukunft gegeben ist, so dürfen wir ihm nicht auch noch das Recht auf ein kinderwürdiges Sterben verwehren. Das ist das Mindeste, was wir als Gesellschaft leisten müssen“, erklärte Sabine Kraft, Geschäftsführerin des Bundesverbands Kinderhospiz e. V., und sie führt fort: „‚Kinderrechte‘ gelten für alle Kinder, weltweit, egal ob in Deutschland, in Belgien, in Afrika, egal ob gesund oder krank, aber vor allem für die besonders vulnerablen, die lebensverkürzend erkrankten Kinder!“ Deutschland wie auch Belgien gehören zu den ersten Unterzeichnern der UN-Kinderrechtskonvention. Sie haben sich verpflichtet, Kinder zu schützen und gewähren ihnen ein eigenständiges Recht auf Leben.
Es gibt keine Erkenntnisse darüber, wie gemessen werden könnte, ob die Reife eines Kindes ausreicht, um über sein eigenes Sterben zu entscheiden. Jedoch wissen wir, dass eine optimale Palliativversorgung für ein würdevolles und friedvolles Sterben ausschlaggebend ist. Wir wissen nicht, welche Auswirkungen eine aktive Sterbehilfe für das eigene Kind auf die Überlebenden hat. Joan Marston, die Direktorin des Internationalen Netzwerks für Kinderpalliativversorgung mit Sitz in Südafrika, fordert die belgische Regierung auf: „Stecken Sie lieber dieses Geld in den Ausbau der Kinderpalliativversorgung, insbesondere in die Qualifizierung von Fachkräften, um Kindern und ihren Angehörigen das Leiden zu erleichtern und ihnen höchstmögliche Lebensqualität bis zum letzten Tag zu ermöglichen.“
Wenn einem Kind schon keine Zukunft gegeben ist, so dürfen wir ihm nicht auch noch das Recht auf sein kinderwürdiges Sterben verwehren. Wo es keine Heilung mehr geben kann, muss eine ideal abgestimmte Schmerztherapie unnötiges Leid verhindern.
Prof. Dr. Richard Hain, Honorarprofessor an der Universität von Südwales und Leitender Pädiater in Kinderpalliativmedizin am Kinderkrankenhaus in Wales bringt es auf den Punkt: „Wir wissen, dass wir Kinder glücklicher machen können, indem wir ihre Symptome lindern, dazu gibt es wissenschaftliche Ergebnisse. Wir wissen, dass wir sie glücklicher machen können, wenn wir mit ihnen reden und sie liebkosen, weil sie dann lächeln und lachen. Aber es gibt keinerlei Nachweis dafür, dass wir sie glücklicher machen, wenn wir sie töten. Es gibt absolut nichts, das anraten könnte, dass Euthanasie der beste Weg wäre, um Kinder von ihrem Leiden zu befreien.“
Quelle: Bundesverband Kinderhospiz e. V.
Ich bin nicht kaputt!
Josia Topf wurde vor zehn Jahren geboren trotz Pränataldiagnostik: Er hat ein TAR-Syndrom, also eine angeborene Thrombozytopenie, die zu schweren Blutungen führen kann, sowie eine Aplasie des Radius an beiden Armen. Etwa 100 betroffene Menschen weltweit sind bekannt. Josia ist kleinwüchsig und hat fehlgebildete Arme, Hände und Beine. Seine Eltern haben entschieden, dass er leben soll, und das tut er und genießt es in vollen Zügen. Dank Inklusionshelferin besucht er eine Regelschule, er spielt in seiner Freizeit Waldhorn und trainiert Leistungsschwimmen, weil er eines Tages bei den Paralympics starten möchte. Josia Topf ist Botschafter der Aktion Mensch und zu sehen unter www.3sat.de/page/?source=/ausanderersicht/158709/index.html oder als Link auf seiner Homepage www.josia-topf.de.
Janine Berg-Peer: Schizophrenie ist scheiße, Mama! Vom Leben mit meiner psychisch erkrankten Tochter.
Als die Tochter von Janine Berg-Peer siebzehn Jahre alt ist, erkrankt sie an Schizophrenie. Zunächst wird sie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie behandelt und für die Mutter beginnt das Leben als Angehörige eines psychisch kranken Menschen. Offen, aber ohne Selbstmitleid beschreibt Janine Berg-Peer, wie schwer es ihr fällt mitzuerleben, wie die Erkrankung ihre Tochter aus ihrem bisherigen Leben hinauswirft und wie belastend bis zerstörerisch das Zusammenleben mit der kranken Tochter für sie selbst wird. Bald nachdem die Tochter volljährig wird, erkennt sie mit Entsetzen, dass sie nun Hilfe gegen den Willen ihrer Tochter mobilisieren muss – und gegen alle rechtlichen Zwänge, denn Rechte hat sie nun gar keine mehr: nicht auf Auskunft der behandelnden Ärzte in der Erwachsenenpsychiatrie oder der Therapeuten in der Sozialpsychiatrie, nicht auf Mitbestimmung bei der Behandlung. Die geringe Unterstützung des sozialpsychiatrischen Systems für Angehörige psychisch kranker Menschen und die Unfähigkeit dieses Systems, einem Menschen zu helfen, der krankheitsbedingt selbst keine Hilfe sucht, schockiert Janine Berg-Peer und bringt sie dazu, zu einer „professionellen Angehörigen“ zu werden und sich ehrenamtlich zu engagieren für andere Angehörige. Ihr Buch ist ein absolut lesenswertes Plädoyer für mehr Verständnis und Unterstützung für psychisch kranke Menschen und deren Angehörige. Das Buch wird abgerundet durch den Anhang mit aktuellen Internet-Adressen von Selbsthilfegruppen sowie einer Liste weiterführender Literatur in deutscher und in englischer Sprache.
Fischer Verlag, Frankfurt/Main, 2013, ISBN 978-3-596-18914-4, EUR 9,99
Eva-Maria
Wagner, Mainz