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DOI: 10.1055/s-0034-1372669
Es braucht oft so wenig
Publication History
Publication Date:
03 April 2014 (online)
Nicht geschimpft ist Lob genug „
(schwäbisches Sprichwort)
Wenn ich Schlagersänger oder Rockstar, Buchautor oder erfolgreicher Sportler, gestandener Schauspieler oder wenigstens erfolgversprechender Schauspielnachwuchs wäre, dann hätte ich eine alljährliche Chance einen Preis zu bekommen. Dieser Preis könnte in Tiergestalt als Bambi, Henne oder bayrischer Löwe daherkommen oder wie eine Stimmgabel, ein Komet oder ein visualisiertes Echo aussehen. Wenn ich dann noch über die Landesgrenzen hinaus bekannt und erfolgreich sein würde, hätte ich sogar die winzig kleine Hoffnung, einmal den allseits berühmten und begehrten Oscar oder gar einen Nobelpreis in Empfang nehmen zu dürfen. Aber ich kann weder singen noch schauspielern, bin sportlich eine Niete und habe keine nennenswerten Leistungen vollbracht, auf welchem Gebiet auch immer. Na ja, und für einen Preis für mein Lebenswerk bin ich dann doch noch ein bisschen zu jung. Ich will mich aber nicht beschweren, denn immerhin gehört mir ein 504-Millionstel des Friedensnobelpreises von 2012. Das ist ja schon mal was, und als ganz normale Krankenschwester kann ich auch nicht viel mehr erwarten. Denn wer hat schon einmal von Ehrungen für eine Verkäuferin, Lehrerin, Postzustellerin, Straßenbahnfahrerin, Bibliothekarin, Physiotherapeutin, Apothekerin, Bäckerin oder Landwirtin gehört? Ich nicht. Dabei sind es doch oft gerade diese ganz normalen und unscheinbaren Berufe, die in der Werbung ganz weit vorn sind, wenn es um Dankbarkeit und Anerkennung geht. Da bekommt schon mal die Bäckereiverkäuferin oder der Postbote eine Merci-Packung zugesteckt. Das muss dann aber auch ausreichen. Nichts mit rotem Teppich, Laudationen, Dankesreden, Rahmenprogramm und After-Show-Party.
Unser ehemaliger Chefarzt, kein Freund großer Worte, reagierte einmal nach einem Hinweis von mir auf die guten Leistungen der Pflegekräfte mit dem oben genannten Spruch. Von da an haben meine stellvertretende Stationsleitung Michaela und ich die Dinge selbst in die Hand genommen. Seitdem ehren und danken wir uns und unseren Kolleginnen und Kollegen eben selbst.
Einmal im Jahr richten wir beide für unsere Station und alle dazugehörigen Mitarbeiter ein großes Fest aus. Meist ist es eine Weihnachtsfeier. Wir hatten aber auch schon ein Frühlingsfest oder eine asiatische Nacht. Es gibt offizielle Einladungen und einen entsprechenden Empfang, bevor es in den festlich dekorierten Raum geht. Die Tische sind feierlich gedeckt. Es gibt ein Drei-Gänge-Menü und Gastgeschenke. Anschließend, und im Laufe der Zeit schon heiß erwartet, ein von mir und Michaela gestaltetes Rahmenprogramm. Wir sind uns dabei oft für nichts zu schade. Wir haben Gstanzl gesungen (für die Nicht-Bayern: bayrischer Spottgesang im Drei-Viertel-Takt), ein Märchen über unsere Station geschrieben und vorgetragen oder eine Nachrichtensendung (über unsere Station und unser Haus, versteht sich) gestaltet. Bei unserer letzten Weihnachtsfeier haben wir eine Preisverleihung à la Bambi, Echo & Co. auf die Beine gestellt. Wir hatten alles: passende Musik, Vorstellung der Nominierten, einen Preis, Laudationen für die Preisträger und Dankesreden. Es gab Preise für den Shootingstar der Station, es gab den Fashion-, Familien- und Toleranzpreis, Preise für beste Haupt- und Nebenrolle, Karriere und Charity und neben dem Preis für das Lebenswerk noch einige Sonderpreise.
Michaela und ich hatten uns wieder wirklich Mühe gegeben. Umso größer dann auch unsere Freude und Zufriedenheit, den Spaß, die Freude und manchmal auch die Rührung der Kollegen zu erleben. Jeder wurde ganz persönlich bedacht und für seine Stärken und den Einsatz für uns von uns belohnt. Wir haben uns bedankt und die Kollegen merkten, wie wichtig sie für uns sind. Für das Arbeitsklima, für die Zusammenarbeit und für das ganze Miteinander haben diese Feiern eine erhebliche Nachhaltigkeit. Dabei ist es so wenig. Ein bisschen Zeit, Mühe und Ideen bei der Vorbereitung, ein bisschen Geld bei der Umsetzung.
Die Geschäftsführung des Krankenhauses, in dem ich arbeite, bemüht sich alljährlich, die Mitarbeiterzufriedenheit zu verbessern. Es werden Umfragen gestartet und je nach Ergebnissen wird reagiert. So entstanden Programme und Aktionen wie zum Beispiel: Alle Mitarbeiter haben bei medizinischen Behandlungen in unserer Klinik Privatpatientenstatus. Es gibt Aktionstage zu Gesundheitsthemen, es wird Kinderbetreuung in den Ferien angeboten oder Ähnliches. Allesamt Aktionen, die nur für die Mitarbeiter initiiert worden sind – und manchmal tut es mir ein bisschen leid, wenn, nach meinem persönlichem Empfinden, diese von den Mitarbeitern nicht genug in Anspruch genommen oder gewürdigt werden. Dabei darf ich aber nicht versäumen zu erwähnen, dass wir, wenn wir in unserer Klinik unzufrieden sind und jammern, dieses auf hohem Niveau tun. Denn ich persönlich (und ich kenne einige Krankenhäuser) bin als Mitarbeiterin zufrieden mit meinem Arbeitsplatz.
Aber vielleicht ist es ja so, dass solche großen Aktionen im Alltag eines Krankenhausbetriebs ein bisschen untergehen. Vielleicht möchten Frau X aus dem Labor, der Lagerungspfleger aus dem OP oder Schwester Y auf Station, die mehr leisten, als in ihren Stellenbeschreibungen steht, und die sich für ihre Abteilungen mehr als andere engagieren, bemerkt werden. Und das nicht nur von ihren unmittelbaren Vorgesetzten. Es braucht so wenig, um andere zufriedenzustellen und Wertschätzung zu zeigen.
In diesem Sinne bedanke ich mich nach einem Jahr bei allen Lesern meiner Kolumnen für das Interesse und bei den Mitarbeitern des Thieme Verlags für die gute Zusammenarbeit!