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DOI: 10.1055/s-0034-1371655
Eine Kohortenstudie nach Umgebungsuntersuchungen in einer Justizvollzugsanstalt bei einem Häftling mit aktiver Tuberkulose, Sachsen-Anhalt, 2012
Im April 2012 erhielt das Gesundheitsamt Jerichower Land, Sachsen-Anhalt, die Meldung über einen asymptomatischen Lungentuberkulose-Patienten mit kulturellem Nachweis von Mycobacterium tuberculosis. Der 30-jährige Häftling (Indexfall) kam aus Kasachstan und war seit 2009 in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) in Sachsen-Anhalt. Ziel unserer Studie war es herauszufinden, ob die Prävalenz einer latent tuberkulösen Infektion (LTBI) unter Kontaktpersonen des Indexfalls höher war als bei Personen ohne engen Kontakt. Wir führten eine retrospektive Kohortenstudie durch. Allen Häftlingen und Mitarbeitern der JVA, welche sich vom 01.10.11 bis 14.02.12 in der JVA aufhielten, wurden Thorax-Röntgen-Untersuchungen (TRU) und Interferon Gamma Release Assays (IGRA) angeboten. Ein LTBI-Fall wurde definiert als eine Person mit positivem IGRA und unauffälliger TRU. Multivariable Poisson Regression wurde für verschiedene Expositionen durchgeführt: enger Kontakt (= 40h Raumkontakt), Geschlecht, Status (Häftling, Personal), Geburtsland, Altersgruppen (< 30; 30 – 49;= 50 Jahre). Insgesamt analysierten wir 84 Kontaktpersonen und 564 Personen ohne engen Kontakt. Bei Immigranten lag die LTBI-Prävalenz bei 33%, bei in Deutschland Geborenen bei 7%, bei Kontaktpersonen bei 16% und bei Personen ohne engen Kontakt bei 7,5%. Ein erhöhtes LTBI-Risiko war assoziiert mit ausländischer Herkunft (adjustierte Inzidenz (IRR): 4,0; 95% Konfidenzintervall (KI): 2,1 – 7,6) und höherem Alter (IRR: 1,9; 95% KI: 1,2 – 3,0), aber nicht mit engem Kontakt (IRR: 1,6, 95% KI: 0,85 – 3,1). Wir konnten keine Assoziation zwischen engem Kontakt zu dem asymptomatischen Indexfall und einer LTBI nachweisen. Wegen der Schwierigkeit detaillierte Umgebungsuntersuchungen durchzuführen und weil nicht zwischen neu erworbener und bereits existierender LTBI unterschieden werden konnte, ist eine Übertragung nicht völlig ausgeschlossen. Eine frühzeitige Diagnose kann dazu beitragen ressourcenintensive Umgebungsuntersuchungen zu verringern.