Gesundheitswesen 2014; 76 - V53
DOI: 10.1055/s-0034-1371606

Suizide und Suizidalität als Herausforderung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst

T Götz 1
  • 1Amt für Gesundheit, Psychiatrie, Frankfurt am Main

Obwohl rein zahlenmäßig Suizide neben Unfällen die häufigste nicht-natürliche Todesursache darstellen, sind diese im Bewusstsein der Gesellschaft wie auch der Fachwelt oft unterrepräsentiert. Die Zahl der pro Jahr in Deutschland durch Suizid Verstorbenen ist mit ca. 10000 Personen fast doppelt so hoch wie die der Verkehrstoten. Die Ursachen für suizidale Gedanken bzw. Suizidhandlungen sind vielfältig. Am häufigsten sind hierbei psychische Erkrankungen zu nennen. Wichtige weitere Einflussfaktoren sind Alter, Geschlecht, Migrationshintergrund, körperliche Erkrankungen und Persönlichkeitsfaktoren oder Suizidversuche in der Familie, Zugang zu Suizidmitteln, Rollenmodelle, und der sozioökonomische Status. Von besonderer Bedeutung sind bei letzterem auch ökonomische Krisen und Arbeitslosigkeit. In allen epidemiologischen Untersuchungen wird darauf hingewiesen, dass bei Suiziden zusätzlich mit einer erheblichen Dunkelziffer gerechnet werden muss. Hierzu trägt v.a. die Tatsache bei, dass Suizide – gerade auch im höheren Lebensalter – häufig bei der Leichenschau nicht als solche erkannt und registriert werden, bzw. dass ferner eine Obduktion als Goldstandard der Feststellung eines Suizids v.a. aus Kostengründen immer seltener durchgeführt wird. Berücksichtigt man weiter, dass auf jede vollzogene Selbsttötung eine ungleich höhere Anzahl von Suizidversuchen kommt und diese als Risikofaktoren für spätere Suizide gelten, ist ersichtlich, dass Suizidalität und Suizide einen erheblichen gesellschaftlichen Problembereich darstellen, in dem dringender Handlungsbedarf besteht. Die Weltgesundheitsorganisation trägt dem globalen Problem Suizid auch in dem 2013 verabschiedeten Global Mental Health Action Plan 2013 – 2020 Rechnung, in dem in dem Punkt Implementierung von präventiven und gesundheitsfördernden Strategien im Bereich seelische Gesundheit eine Reduktion der Suizidrate um 10% als Zielvorgabe gegeben wird. Der Vortrag soll für das Thema im ÖGD sensibilisieren und sowohl die epidemiologischen als auch klinischen Hintergründe kritisch beleuchten. Ferner sollen Ideen daraus entwickelt werden, wie Präventions- und Postventionsprojekte im Rahmen der vernetzenden Tätigkeit im ÖGD auf der Grundlage qualitativ hochwertiger Daten umgesetzt werden könnten.