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DOI: 10.1055/s-0034-1371605
Wenn Wohnungen unbewohnbar werden. Vermüllung, Wohnungsverwahrlosung und pathologisches Horten
Untersuchung: Retrospektive Analyse von 186 Fällen des SpD Dortmund der Jahre 2008 bis 2012, in denen eine katastrophale Wohnungssituation im Vordergrund der Fallproblematik stand.
Ergebnisse: Alle psychiatrischen Krankheiten vertreten, 85% aus 4 Diagnosegruppen: Sucht (F1) = 41%, Psychosen (F2) = 17%, Depression (F3) = (14%) und pathologisches Horten (F63.8 „Messie-Syndrom“) = 12%. Altersgipfel 45 – 65 Jahre. Isolierte Lebenssituation (84% alleinlebend. Nur 7% verheiratet). Vorurteile geringen Bildungsstandes nicht bestätigt: nur 4% ohne Abschluss, 7% Förderschule. Ähnlich bei der beruflichen Anamnese: 70% der Betroffenen zunächst berufstätig. Aber aktuell nur noch 5% mit Arbeitseinkommen (39% Rente, 44% ALG II). Sozialarbeiterische Maßnahmen mit großen Unterschieden zwischen den 4 Gruppen. F1: Behandlung der körperlichen Begleiterkrankungen und der Sucht. F2: Psychiatrische Krankenhausbehandlung und Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung. F3: Entschärfung von Konflikten im Wohnumfeld und Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung. F63.8: Praktische direkte Hilfe der Mitarbeiter des SpD sowie Organisation von Haushaltshilfe und Entmüllung. Mehrzahl nicht in psychosoziale oder medizinische Hilfesysteme eingebunden. Hilfeannahmeverhalten in allen Diagnosegruppen erschwert: am stärksten bei F63.8 – nur 13% nahmen die angebotenen Hilfen bereitwillig an, ungünstige Outcomekategorien „nichts erreicht“ und „Wohnung verloren“ am häufigsten (44%). F1 und F3 fast immer (80%) erste Vermüllung, bei F2 und F63.8 häufiger Wiederholungsvermüllung. Schlussfolgerung: Die Betroffenen zeigen eine zur Wohnungsproblematik parallele berufliche Desintegration und eine weitgehende soziale und familiäre Isolation. Die unbewohnbare Wohnung tritt nach oft jahrzehntelangem Verlauf einer chronischen seelischen Erkrankung auf. Sie ist nicht Zeichen einer bestimmten Krankheit. Die Art der zugrundeliegenden Erkrankung hat Auswirkungen auf das Hilfeannahmeverhalten, die Prognose und die Auswahl der geeigneten sozialpsychiatrischen Maßnahmen. Deshalb präsentieren wir in unserem Vortrag einen Vorschlag zum diagnosespezifischen Vorgehen. Besonders schwierig erreichbar ist die Gruppe der path. Horter. V.a. Betroffene mit Psychose und path. Horten benötigen die Installation langfristiger, aufsuchender Hilfen.