Klinische Neurophysiologie 2014; 45 - P71
DOI: 10.1055/s-0034-1371284

Der Effekt von tDCS auf das BOLD-Signal während motorischen Lernens

J Blessin 1, G Seidel 1, 2, T Ringer 1, K Schulz 1, 2, D Güllmar 3, J Haueisen 4, OW Witte 1, F Hamzei 1, 2, 5
  • 1Universitätsklinikum, Hans-Berger-Klinik für Neurologie, Jena, Deutschland
  • 2Moritz Klinik, Klinik für Neurologie, Bad Klosterlausnitz, Deutschland
  • 3Universitätsklinikum, Institut für Diagn. und Intervention. Radiologie, Jena, Deutschland
  • 4Technische Universität, Institut für Biomed. Technik und Informatik, Ilmenau, Deutschland
  • 5Universitätsklinikum, Center for Sepsis Control and Care, Jena, Deutschland

Einleitung:

Anodale tDCS (transcranial direct current stimulation, a-tDCS) steigert sowohl bei gesunden Probanden als auch bei Schlaganfallpatienten die Effektivität motorischen Lernens (Nitsche et al., J Cogn Neurosci, 2003; Hummel, Brain, 2005). Die zugrundeliegenden funktionellen Netzwerkprozesse sind jedoch noch unklar. Bisherige fMRT-Studien zeigten heterogene Ergebnisse beim Lernen unter Einfluss von tDCS. Die Anwendung unterschiedlicher, meist einfacher motorischer Paradigmen könnte der Grund für die Heterogenität der Ergebnisse sein. In einem 2 × 2 faktoriellen Design verglichen wir ein simples mit einem komplexen motorischen fMRT-Paradigma unter kathodaler und anodaler Stimulation. Als einfaches Paradigma wählten wir Fingertapping (FT), als komplexes einen Test für implizites motorisches Lernen, den Serial Reaction Time Task (SRTT; Nissen & Bullemer, Cognit Psychol, 1987). Wir untersuchten auch, ob die verschiedenen Stimulationsformen unterschiedliches Lernverhalten hervorrufen und mit der Rekrutierung unterschiedlicher Netzwerke einhergehen.

Methode:

89 gesunde Probanden führten jeweils eine einfache (FT) und eine komplexe (SRTT) Aufgabe mit ihrer rechten dominanten Hand im MRT durch (Faktor 1: fMRT Paradigma Komplexität). Während der beiden Aufgaben wurde der linke motorische Kortex mit 1 mA a-tDCS (a-tDCS-Gruppe, n = 30), 1 mA k-tCDS (k-tDCS-Gruppe, n = 30) oder einer Placebostimulation (Sham-Gruppe, n = 29) stimuliert (Faktor 2: Stimulationsart). Während des SRTT wurden Reaktionszeiten und Fehlerraten gemessen und offline mit SPSS 20 ausgewertet. Die fMRT-Daten wurden mit SPM8 ausgewertet.

Ergebnisse:

Faktor 1 fMRT Paradigma Komplexität: SRTT zeigt im Vergleich zu FT eine Aktivierung eines breiteren parieto-frontalen und subkortikalen Netzwerkes in der linken Hemisphäre, die unabhängig von der Stimulationsart ist.

Faktor 2 Stimulationsart: Für FT zeigt sich kein Unterschied zwischen den Gruppen in Abhängigkeit von der Stimulationsart.

Für SRTT zeigen die Probanden in den Verhaltensdaten ein signifikant schlechteres Lernen unter k-tDCS.

Für die rechte Hemisphäre zeigt sich im fMRT kein wesentlicher Unterschied zwischen den Gruppen. K-tDCS (k-tDCS SRTT) zeigt im Vergleich zu den anderen Stimulationsarten eine Aktivierung in einer Subregion des rechten dorsalen prämotorischen Kortex (dPMC). Unter anodaler tDCS ist das Lernverhalten tendenziell besser als in der Sham-Gruppe, was mit der Aktivierung einer weiteren Subregion des rechten dPMC einhergeht.

Schlussfolgerungen:

Die Erkenntnis, dass das BOLD-Signal mit höherer Komplexität des fMRT Paradigmas eine stärkere Aktivierung und eine zusätzliche Rekrutierung von Netzwerken darstellt, konnten wir replizieren. Wir konnten dabei zeigen, dass die Stimulationsart auf diese Veränderung keinen Einfluss hat.

Die Rekrutierung von zusätzlichen Netzwerken ipsilateral zur lernenden Hand scheint der wesentliche Unterschied zwischen k- und a-tDCS zu sein. Hierbei bedingt ein Netzwerk eher einen hemmenden Einfluss, während eines anderen Netzwerkes einen lernfördernden Einfluss hat.

Die Erkenntnisse aus dieser Studie helfen einerseits das Verständnis zur Wirkweise von tDCS auf Netzwerkaktivierungen während motorischen Lernens zu erweitern, anderseits helfen sie in der weiteren Entwicklung des Einsatzes von tDCS bei Schlaganfallpatienten zur Förderung von motor recovery.

Schlüsselwörter: tDCS, fMRT, BOLD-Signal, motorisches Lernen, SRTT