Dtsch Med Wochenschr 2014; 139(09): 434-440
DOI: 10.1055/s-0034-1369813
Übersicht | Review article
Hämatologie, Epidemiologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Anämien und Hämoglobinkrankheiten bei Patienten mit Migrationshintergrund

Anemia and hemoglobin diseases in patients with migration background
S. Eber
1   Schwerpunktpraxis für Pädiatrische Hämatologie-Onkologie, Gerinnungsstörungen und Kinderklinik der Technischen Universität, München-Schwabing
*   beide Autoren haben im gleichen Umfang beigetragen
,
R. Dickerhoff
2   Klinik für Kinder-Onkologie, -Hämatologie und Klinische Immunologie, Universität Düsseldorf
*   beide Autoren haben im gleichen Umfang beigetragen
› Author Affiliations
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Publication History

27 February 2013

21 November 2013

Publication Date:
20 February 2014 (online)

Zusammenfassung

Unter der deutschen Bevölkerung mit Migrationshintergrund gibt es derzeit je ca. 150 000–200 000 gering- oder asymptomatische Träger von Thalassämien (α und β) und Sichelzellkrankheiten. Die in Deutschland im Vergleich mit Nachbarländern relativ geringe Zahl von Sichelzell- (ca. 1000–1500) und Thalassämiepatienten (ca. 500–600) könnte erklären, dass diese Erkrankungen bei uns noch nicht als ein Problem der öffentlichen Gesundheit angesehen werden. Bei optimaler Betreuung erreichen heute 85–90 % der Kinder mit Sichelzellkrankheit und 100 % der Kinder mit Thalassämia major und Thalassämia intermedia das Erwachsenenalter. Um auf die Probleme von Patienten mit Hämoglobin-Krankheiten aufmerksam zu machen, wird in dieser Arbeit über die wichtigsten Krankheitsmanifestationen erwachsener Patienten berichtet und es werden Informationsmöglichkeiten aufgezeigt. Regionale Zentren sollten bei akuten Problemen im Krankheitsverlauf kontaktiert werden. Bis jetzt ist es für viele Patienten mit Sichelzellkrankheit bzw. Thalassämie schwierig, nach Erreichen des Erwachsenenalters Ärzte zu finden, die sich mit den beiden Erkrankungen auskennen. Deshalb werden in Deutschland viele erwachsene Patienten weiter von Pädiatern betreut. Dringend benötigt werden Referenz-Zentren, die Erfahrung in der Behandlung erwachsener Patienten haben, Hämatologen ausbilden und den reibungslosen Übergang von der Pädiatrie in die Erwachsenenmedizin garantieren können.

Abstract

Among the German population with migration background there are probably 150 000–200 000 carriers of thalassemia (α und β) and sickle cell disease, respectively, who have no or little symptoms. Compared to neighboring countries the number of sickle cell (1000–1500) and thalassemia patients (500–600) in Germany is rather low. This may explain the fact that hemoglobin diseases are not yet considered a public health problem in Germany. With optimal care 85–90 % of children with sickle cell disease and 100 % of children with thalassemia reach adulthood. In order to increase awareness for patients with hemoglobin diseases we discuss the most pertinent disease manifestations of adult patients and point out possibilities to obtain information. Specialists in regional centers should be addressed for acute management problems. Up to now it is difficult for many adult sickle cell and thalassemia patients to find a physician well enough informed and experienced to take over the care of their complex disease. Many adult patients are still taken care of by pediatricians. Urgently needed are reference centers with experience in management of hemoglobin diseases who are qualified for training hematologists and who can assure the transition of these patients from pediatrics to adult medical care.