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DOI: 10.1055/s-0033-1362286
BUCHBESPRECHUNG – Medizinmanagement. Grundlagen und Praxis.
Publication History
Publication Date:
27 February 2014 (online)
Wie ist das Gesundheitssystem in Deutschland strukturiert, welche Akteure agieren darin und welche Interdependenzen bestehen zwischen seinen verschiedenen Bereichen? Diese Fragen, die für Fach- und Führungskräfte in allen Bereichen des Gesundheitswesens ebenso relevant sind wie für Wissenschaftler, beabsichtigt das Team um Jürgen Wasem, Susanne Staudt und David Matusiewicz der Universität Duisburg-Essen verständlich und präzise zugleich zu beantworten. Der Diskussion um die steigende Komplexität des Managements von Unternehmen und Einrichtungen sowie der zunehmenden Relevanz von Steuerungsaufgaben im Gesundheits- und Medizinsystem wird dabei besondere Bedeutung zugemessen.
In insgesamt 17 Kapiteln werden die wesentlichen Teilbereiche des deutschen Gesundheitssystems zunächst jeweils einführend beschrieben, bevor die Autoren im Detail auf spezifische Besonderheiten des behandelten Aspekts eingehen und Schnittstellen mit angrenzenden Bereichen diskutieren. Beginnend wird der Begriff des Gesundheitssystems eingeführt, der Aktivitäten bezeichnet, die „der Finanzierung und Erbringung von Maßnahmen dienen (und) die einen direkten Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung haben“ (S. 12). In einem kurzen internationalen Vergleich von Gesundheitssystemen werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit dem deutschen System jeweils diskutiert, wobei der Schluss gezogen wird, dass sich ein Vergleich auf Grund der heterogenen Bedingungen der einzelnen Länder nur schwer anstellen lässt. Dem Buch beigefügt ist ein Faltblatt, das die wichtigsten Organisationen des deutschen Gesundheits- und Medizinsystems grafisch darstellt sowie die primären Funktionen der Akteure beschreibt.
Im Anschluss daran werden Aufgaben und Akteure auf der Makro-, Meso- und Mikroebene eingeführt und deren funktionale Arbeitsteilung diskutiert. Hervorzuheben ist, dass die Autoren dem „akteurszentrierten Institutionalismus“ (S. 49), i. e. der Interdependenz von Akteuren (Patientengruppen, medizinischen Organisationen etc.) und Institutionen (Regeln und Routinen des deutschen Gesundheits- und Medizinsystems), der in der Wissenschaftsliteratur oftmals nur oberflächlich behandelt wird, besondere Aufmerksamkeit schenken. Schnittstellenprobleme innerhalb des deutschen Gesundheitssystems entstammen dabei den oftmals konflikthaften Interaktionen einer Vielzahl von Akteuren mit spezifischen Interessen. Als wesentlicher Indikator für die Identifikation von Interessenkonflikten zwischen Versicherten, Leistungserbringern und Versicherungen wird die Versorgungsforschung charakterisiert.
Da an vielen Schnittstellen zwischen den Akteuren heutzutage IT-gestützte Systeme Anwendung finden und eine weitere Ausdehnung der elektronischen Unterstützung von Prozessen und Interaktionen durch die zunehmende Vernetzung der Gesellschaft absehbar erscheint, widmen die Autoren dem Thema E-Health ein gesondertes Kapitel. Trotz fehlender allgemeingütiger Definition des Begriffs wird unter E-Health grundsätzlich die „Gesamtheit aller elektronischen Anwendungen zur medizinischen Versorgung“ (S. 502) verstanden. Der Ausbau der sog. Telematikinfrastruktur (Vernetzung von Organisationen und Akteuren im Gesundheitssystem) und die damit einhergehenden Problematiken der Datensicherheit, datenschutzrechtlichen Restriktionen sowie die Vereinheitlichung von Datentransferprozessen werden anhand der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte exemplarisch beschrieben. So verzögerte sich die Einführung der Karte immer wieder auf Grund von Datensicherheitsaspekten, rechtlichen Verantwortlichkeiten und Interessenkonflikten um mehrere Jahre. Zwar ist der E-Health-Sektor laut Ansicht der Autoren auf dem Vormarsch, jedoch lassen die Autoren einen Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen der elektronischen Aktivitäten im Gesundheitssektor vermissen.
Insgesamt schaffen es Wasem und sein Team, das deutsche Gesundheitssystem in seiner ganzen Komplexität dem Leser in prägnanter Form darzustellen. In jedem Kapitel erleichtern diverse eingängige Beispiele, Übersichten, Abbildungen und Zusammenfassungen einen zuverlässigen Überblick über das jeweilige Thema, den sowohl Praktiker wie Studenten willkommen heißen werden.
Fabian Kreimendahl, Burscheid