Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8(6): 417-418
DOI: 10.1055/s-0033-1362219
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Referat – Hyperglykämie: Auch ohne Diabetes ein Demenzrisiko?

Frank Erbguth
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Publication Date:
31 January 2014 (online)

Hintergrund: Patienten mit einem Diabetes mellitus erkranken häufiger an einer Demenz. Ob erhöhte Blutzuckerwerte oder andere metabolische Mechanismen dafür entscheidend sind, ist unklar. Crane et al. überprüften nun die Assoziation zwischen Hyperglykämien und der Demenzinzidenz bei Patienten mit und ohne Diabetes mellitus.

Methoden: Die prospektive Untersuchung war Teil der ACT-Study (Adult Changes in Thought). 839 Männer und 1228 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 76 Jahren wurden aufgenommen, bei denen keine Demenz bestand. In 232 Fällen lag ein Diabetes mellitus vor. Ein Einschlusskriterium waren mindestens 5 Bestimmungen der Blutzuckerspiegel und des HbA1c während 2 oder mehr Jahren vor Studienbeginn. In 2-jährlichen Abständen erfolgten Demenztests. Patienten mit einem verminderten Punktwert im Cognitive-Ability-Screening wurden weiteren neuropsychologischen Tests zugeführt. Der primäre Studienendpunkt war die Demenzinzidenz in Abhängigkeit von den Blutzuckerspiegeln in den Gruppen mit und ohne Diabetes mellitus.

Ergebnisse: Von jedem Teilnehmer lagen durchschnittlich 17 Blutzuckermessungen und 5 HbA1c-Bestimmungen vor. Die durchschnittlichen Blutzuckerwerte während 5 Jahren vor Studienbeginn betrugen 101 mg / dl und 175 mg / dl bei den Patienten ohne und mit Diabetes mellitus. Nach durchschnittlich 6,8 Jahren hatten 1724 Teilnehmer keinen Diabetes mellitus und bei 343 Patienten lag die Diagnose vor. 26,1 % und 21,6 % erkrankten an einer Demenz. Verglichen mit dem Alzheimer-Typ (19,5 %) waren vaskuläre Demenzen (2,7 %) und andere Ursachen seltener. Unabhängig vom Vorliegen eines Diabetes mellitus nahm die Wahrscheinlichkeit für eine Demenz mit erhöhten Blutzuckerspiegeln signifikant zu. Verglichen mit einem Durchschnittswert von 100 mg / dl war sie bei Nicht-Diabetikern mit einem Blutzucker von 115 mg / dl um 18 % gesteigert (Hazard Ratio [HR] 1,18; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 1,04–1,33). Patienten mit einem Diabetes mellitus und den höchsten Blutzuckerwerten hatten auch das höchste Risiko für eine Demenz (p = 0,002; 190 mg / dl vs. 160 mg / dl: HR 1,40; 95 %-KI 1,12–1,76). Die Ergebnisse wurden in Sensitivitätsanalysen unter Berücksichtigung zahlreicher Einflussfaktoren bestätigt (u. a. Geschlecht, Bildungsstand, Blutdruck, Rauchen, Begleiterkrankungen). Die Assoziation zwischen erhöhten Blutzuckerwerten und einer Demenz war in der Gruppe der 70- bis 78-Jährigen besonders deutlich.

Folgerung: Nicht nur bei Patienten mit einem Diabetes mellitus waren Hyperglykämien mit einer gesteigerten Wahrscheinlichkeit für eine Demenz assoziiert. Teilnehmer ohne Diabetes mellitus waren ebenfalls öfter betroffen. Dabei steigerten bereits gering erhöhte Blutzuckerwerte das Risiko.

Dr. med. Susanne Krome, Melle

 
  • Literatur

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