Z Geburtshilfe Neonatol 2013; 217 - Po09_3
DOI: 10.1055/s-0033-1361440

Toxische Schädigung bei einem Fetus infolge maternaler Chemotherapie?

K Schneider 1, N Hepping 1, W Garbe 1
  • 1St. Marien-Hospital Bonn, Neonatologie, Bonn, Germany

Hintergrund: Die Betreuung schwangerer Frauen mit einer Krebserkrankung rückte in den letzten Jahren immer mehr ins Bewusstsein. Patientinnen mit schwangerschaftsassoziiertem Brustkrebs werden heute hinsichtlich einer Systemtherapie genauso wie nicht schwangere Patientinnen behandelt. Aktuelle Studien zeigen, dass eine Chemotherapie ab dem 2. Trimenon kein signifikant erhöhtes Risiko für den Fetus darstellt. Jedoch sind die Fallzahlen hier gering, die Therapieprotokolle heterogen.

Kasuistik: Reifes Neugeborenes mit isolierter, angeborener Dysphagie, die sich bereits pränatal durch ein maternales Polyhydramnion manifestierte. Der Fetus war intrauterin bei metastasiertem Mamma-Karzinom der Mutter von der 17. bis zur 32. Schwangerschaftswoche (SSW) einer Chemotherapie mit Capecitabin und bis zur 20. SSW einer monoklonalen Antikörpertherapie mit Trastuzumab ausgesetzt.

Trotz logopädischer Stimulationstherapie war postnatal bei fehlendem Schluckreflex kein Schluckakt zu erzielen, so dass das Kind dauerhaft oro-pharyngeal abgesaugt werden musste und die Ernährung über eine PEG-Sonde erfolgen musste. Trotzdem bestanden weiterhin sekretbedingte tiefe Desaturationen und Bradykardien sowie chronische Aspirationspneumonien. Die sonstige neurologische Entwicklung verlief altersentsprechend, eine Magnetresonanztomografie des Kopfes erbrachte keine Auffälligkeiten.

Diskussion: Eine isolierte, angeborene Dysphagie bei einem ansonsten neurologisch normal entwickelten Neugeborenen ist in der Literatur bisher nicht beschrieben. Da in der umfangreichen postnatalen Diagnostik die bereits pränatal diagnostizierte Störung keinem umschriebenen Krankheitsbild zugeordnet werden konnte, ist ein Zusammenhang zwischen maternaler Therapie und neonataler Morbidität naheliegend. Eine Interaktion mit einem neurotoxischen Medikament wie dem Capecitabin muss hier am ehesten in Betracht gezogen werden.