Z Geburtshilfe Neonatol 2013; 217 - V15_6
DOI: 10.1055/s-0033-1361287

Unterschätzung des Geburtsgewichtes bei diabetischen Schwangeren durch Gewichtsschätzung per Ultraschall in Terminnähe

F Goerlich 1, C Weiss 1, N Pustkowski 1, R Fauzan 1, L Howe 1, M Abou-Dakn 1, U Schäfer-Graf 1, 2
  • 1St. Joseph Krankenhaus, Gynäkologie und Geburtshilfe, Berliner Diabeteszentrum für Schwangere, Berlin, Germany
  • 2Charité – Universitätsmedizin Berlin, Geburtsmedizin, Berlin, Germany

Fragestellung: Eine möglichst genaue Gewichtsschätzung per Ultraschall (US) ist essentiell für die Geburtsplanung bei diabetischen Schwangerschaften wegen der hohen Makrosomierate. Das Risiko für Schulterdystokie steigt mit dem Geburtsgewicht (GB) und verdoppelt sich bei Diabetes. Die Genauigkeit der US-Schätzung ist jedoch limitiert. Wir untersuchten, ob bei Diabetes 1.) das Geburtsgewicht eher unter- oder überschätzt wird und 2.) von welchen Parametern das Ausmaß der Abweichung beeinflusst wird.

Methoden: Bei 575 Diabetikerinnen mit US < 14 Tagen vor Geburt (mean 4,7 Tage) wurden Schätzgewicht (SG), GB, Zeitintervall zwischen US und Geburt und maternaler BMI prospektiv erhoben.

Ergebnisse: SG wurde korrekt vorhergesagt mit einer Abweichung von +/-10% bei 59,7% der Frauen, unterschätzt um 10 – 20% bei 22,2%, um > 20% bei 10,1% und überschätzt um 10 – 20% bei 7,5%, um > 20% bei 0,5%. Der Anteil korrekter Schätzung war bei Frauen mit BMI < und > 30 kg/m2 ähnlich (55,9 vs. 61,8%, p = 0,2) aber Überschätzung war häufiger bei adipösen Frauen (11,8 vs. 6,0%). Ein GB > 4000 g wurde bei 43,1% der Neugeborenen korrekt vorhergesagt, GB 3500 – 3999 g bei 57,5% und < 3500 g bei 66,2% (p < 0,001). GB > 4000 g wurde um 10 – 20% unterschätzt bei 34,7% und um > 20% bei 19,4%. US < 7 Tage vor Geburt ergab 70,2% korrekt geschätztes GB, 8 – 14 Tage antepartum 52,5% (p = 0,01) mit 43,4% Unterschätzung. Bei Frauen mit BMI > 30 kg/m2 stieg jedoch die per se höhere Rate an überschätztem GB (18,3%).

Zusammenfassung: Gewichtsschätzung per US tendiert zur Unterschätzung des neonatalen Gewichtes, mit 50% Fehleinschätzung bei GB > 4000 g. Bei der Geburtsplanung sollte daher berücksichtigt werden, dass das reale Gewicht eher höher ist. Die Genauigkeit kann durch möglichst geburtsnahen US verbessert werden, bei adipösen Frauen steigt jedoch deutlich die Rate an Überschätzung, was bei der Entscheidung für eine Sectio wegen Makrosomie bedacht werden sollte.