Handchir Mikrochir Plast Chir 2013; 45(06): 315-317
DOI: 10.1055/s-0033-1361121
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Hand Trauma Zentren – Chancen der Vernetzung“

“Chances of a National Hand Trauma Center Network”
R. E. Giunta
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Publication Date:
19 December 2013 (online)

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R. E. Giunta

Liebe Leserinnen und Leser,

Die Versorgung von Handverletzungen ist eine Kernkompetenz des Handchirurgen.

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist die Bedeutung des Handchirurgen bei der Versorgung von Handverletzungen noch nicht wirklich im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert, sodass Handverletzungen oft nicht primär vom Handchirurgen vorsorgt werden. Die Patientenversorgung hat damit eine erhebliche Chance auf Optimierung durch Ausbau dieser Kernkompetenz. Mit der Fédération Européene des Services d´Urgences de la Main (FESUM) nimmt Frankreich hier eine Vorreiterrolle ein [1]. Bereits auf der Autobahn führen offizielle Verkehrsschilder direkt zum Hand Trauma Zentrum ([Abb. 1]). Auch in anderen Ländern, wie bspw. Italien, wurden bereits Netzwerkstrukturen angelegt [2].

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Abb. 1 a, b: Hinweisschilder weisen in Frankreich bereits auf Straßen (a), und Autobahnen (b) zum nächsten Hand ­Trauma Zentrum hin.

Die Federation of European Societies for Surgery of the Hand (FESSH) hat die Bedeutung auch für die Patientenversorgung und die Entwicklung des Fachgebiets Handchirurgie frühzeitig erkannt und ein Hand Trauma Comittee eingerichtet [3], welches dieses Thema seit einigen Jahren bearbeitet. Thierry Dubert aus Paris war hier ein entscheidender Motor. Für Deutschland waren Riccarda Böttcher aus Berlin und Martin Richter aus Bonn die ersten nationalen Delegierten in diesem Komitee, gefolgt von Nicole Schmelzer-Schmied aus Bern sowie dem Autor. Durch die Festlegung von Qualitätskriterien für ein Hand Trauma Zentrum nach den Vorstellungen der FESSH und die Einrichtung eines nationalen Validierungsverfahrens wurden einerseits erste Grundlagen für ein Qualitätsmanagement durch den Handchirurgen geschaffen, andererseits auch die Bedeutung des Handchirurgen für die Versorgung von schweren Handverletzungen sichtbar gemacht.

In Deutschland existieren derzeit 26 nach den Kriterien der FESSH validierte Hand Trauma Zentren. 2 wesentliche Chancen ergeben sich aus einer möglichen nationalen Vernetzung:

  1. Erstmals könnten durch eine Multicenter Registerstudie landesweite „harte Daten“ zu schweren Handverletzungen gesammelt werden und diese für eine weitere Verbesserung der Versorgung von Handverletzten genutzt werden.

  2. Eine Vernetzung der Hand Trauma Zentren könnte auch für die Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie (DGH) verwendet werden, um damit das Fach Handchirurgie auch für die Zukunft stärken.

Mit unserem Pilotprojekt in München (www.handverletzung.com) haben wir eine einfache Plattform geschaffen, welche die Chancen einer nationalen Vernetzung zur Optimierung der Pa­tientenversorgung aufzeigen kann. Ein erster Vorschlag für einen Untersuchungsbogen für eine Registerstudie wird in diesem Heft veröffentlicht und steht auf der Webseite der HaMiPla als Download zur Verfügung [4]. Die Ethikkommission der Ludwig-Maximilians Universität München hat einer solchen Studie zugestimmt. Die Datenerhebung an zunächst 2 Zentren in München wurde bereits gestartet. Gerne kann sich jedes durch die FESSH validierte Hand Trauma Zentrum an diesem Pilotprojekt beteiligen und damit das Projekt stärken.

Das Pilotprojekt wurde zuletzt in der Mitgliederversammlung der DGH und auch auf dem DGH Kongress in Düsseldorf im Oktober vorgestellt. Die DGH wird auf ihrer nächsten Klausurtagung evaluieren, welche Möglichkeiten sich damit ergeben und wie sie am besten verwirklicht werden könnten.

Neben dem Potenzial zur Verbesserung der Patientenversorgung wäre eine Vernetzung ein interessantes Projekt für die DGH, in den nächsten Jahren damit ihr Profil zu schärfen. Die Vernetzung der Hand Trauma Zentrum könnte als Imagekampagne genutzt werden, um das Problembewusstsein in der Öffentlichkeit zu steigern. Kompetente Aufklärung zu den Themen Prävention von Handverletzung [5], häufige Ursachen von Handverletzungen und (Erst-) Versorgung von schweren Handverletzung auf einer professionellen Webseite könnten die Kompetenz des Handchirurgen aufzeigen. Zur Steigerung der „Awareness“ könnte man darüber hinaus, dem Beispiel Frankreichs folgend, einen „National Hand Trauma Prevention Day“ durchführen [6], welcher öffentlichkeitswirksam die Bedeutung des Handchirurgen für die Patientenversorgung herausstellen könnte.

Im vorliegenden Heft haben wir für Sie, liebe Leser, die wichtigsten Entwicklungen zum Thema FESSH Hand Trauma Zentrum und zu den Chancen der Vernetzung zusammengefasst. Wir konnten Autoren aus verschiedenen Ländern Europas dazu gewinnen, den aktuellen Stand darzustellen und damit einen Stimulus für die Weiterentwicklung der Handchirurgie in Deutschland in den nächsten Jahren zu geben. Ich danke allen Autoren für ihre Beiträge und den Gutachtern für die schnelle und kompetente Begutachtung der Manuskripte zur Optimierung im Peer Review Prozess.

Nach einer sehr langen Pausen erscheinen in dieser Ausgabe wieder „Mitteilungen aus den Fachgesellschaften“. Die Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie (DGH) plant hier in regelmäßigen Abständen vom Jahreskongress zu berichten und auch andere Mitteilungen wie z. B. die Newsletter der DGH zu präsentieren. In dieser Ausgabe berichtet Caroline Dereskewitz aus Hamburg im Auftrag des derzeitigen Vorstands vom DGH Kongress in Düsseldorf, der dieses Jahr vom 12. bis 14. Oktober unter der Leitung von Joachim Windolf in Düsseldorf stattgefunden hat.

Die Handchirurgie Mikrochirurgie Plastische Chirurgie nimmt als offizielles Organ der DGH sehr gerne diese neue Rubrik mit auf.

Schließen möchte ich mit folgendem Satz, der die wesentlichen Aspekte dieses Schwerpunktheftes für eine optimierte Patientenversorgung und eine positive Wahrnehmung der Handchi­rurgie in der Öffentlichkeit zusammenfasst:

„Mit einer Handverletzung gehe ich zum Handchirurgen, mit einer Augenverletzung gehe ich ja auch zum Augenarzt.“

München im November 2013
Riccardo Giunta