Dtsch Med Wochenschr 2014; 139(09): 448
DOI: 10.1055/s-0033-1360050
Korrespondenz | Correspondence
Erwiderung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schilddrüsenhormontherapie – Erwiderung

Thyroid hormone treatment
R. Gärtner
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Publication Date:
20 February 2014 (online)

Vielen Dank für den Hinweis zu den beiden Studien, die mir bekannt waren, die ich aber nicht weiter erwähnt und diskutiert habe, da sie mir für die Fragestellung nicht relevant erschienen.

Bei der Studie von Iervasi et al. [1] wurden 4368 Patienten eingeschlossen, die zur Behandlung bzw. zum Ausschluss einer Herzerkrankung stationär in eine kardiologische Abteilung aufgenommen wurden. Ausgeschlossen wurden Patienten mit akutem Koronarsyndrom, dekompensierter Herzinsuffizienz, einer manifesten Hypo- bzw. Hyperthyreose, solche unter einer Behandlung mit L-Thyroxin, Thyreostatika, Amiodaron, Corticoiden oder Katecholaminen. Die restlichen 3121 Patienten wurden unterteilt in 4 Gruppen, nämlich solche mit Euthyreose, suklinischer Hypothyreose (SCH), subklinischer Hyperthyreose (SCT) und Low-T3-Syndrom. Es wurde die Gesamtmortalität, plötzlicher Herztod, Tod nach Myokardinfarkt und andere Ursachen der Mortalität innerhalb eines mittleren Beobachtungszeitraumes von 32 Monaten erfasst. Von 209 Patienten mit SCH starben 15 (7,2 %) an einem kardialen Ereignis gegenüber 65 Patienten von 1905 (3,4 %) mit Euthyreose, und 8 von 98 (8,2 %) mit SCT. Von 910 Patienten mit Low-T3-Syndrom starben 59 (6,5 %). Die Gesamtmortalität betrug bei euthyreoten Patienten 7,3 %, in der Gruppe mit SCH 13 %, mit SCT 9,2 % und mit Low-T3-Syndrom 6,5 %. Die Limitationen der Studie waren aber, dass einmal die Anzahl der Patienten in den Gruppen mit SCH und SCT sehr gering war, und die Patienten von der längeren Nachbeobachtung ausgeschlossen wurden, die wegen der Funktionsstörung der Schilddrüse behandelt wurden. Diese Anzahl ist nicht dokumentiert. Des weiteren wurde nur einmal, und zwar zwischen Tag 2 und 5 des stationären Aufenthaltes die Hormonanalysen durchgeführt. Erstaunlich ist, dass die Schwerstkranken, nämlich die mit einem Low-T3-Syndrom, eine geringere Mortalität aufwiesen als die mit SCH oder SCT. Auch wurde die Ursache der Funktionsstörungen nicht näher untersucht. Die Ergebnisse stehen auch im Widerspruch zu den Metaanalysen, in denen gerade bei SCT eine höhere Mortalität beschrieben wurde. Gerade diese Gruppe war mit nur 98 Patienten sehr klein. Insgesamt ist dies eine sicher wichtige Studie. Allerdings lässt sich daraus keine gesicherte Evidenz ableiten. Klar ist jedoch, dass diese Patienten weiter abgeklärt und in der Folge beobachtet und eventuell auch behandelt werden sollten, insbesondere wenn sich im Verlauf die Funktionsstörungen verschlechtern oder bestätigen sollten.

In der Studie von Razvi et al. [2] wurden Patienten eingeschlossen, die wegen einer SCH entweder nicht oder mit L-Thyroxin behandelt wurden. Es wurde die Inzidenz einer ischämischen Herzerkrankung (IHD) innerhalb eines Beobachtungszeitraumes von 8 Jahren bei jüngeren Patienten (40–70 Jahren, n = 3093) und älteren (> 70 Jahre, n = 1632) erfasst. Die Daten wurden aus der Datenbank der praktizierenden Ärzte in England extrahiert. Der mittlere TSH-Wert lag bei etwa 6 mU/L. Etwa die Hälfte der Patienten in beiden Gruppen erhielt L-Thyroxin. Die Inzidenz einer IHD war in der behandelten Gruppe der Jüngeren 4,2 % gegenüber 6,6 % in der unbehandelten Gruppe, bei den älteren aber 12,7 % gegenüber 10,7 %. Die Autoren folgern daraus, dass jüngere Patienten mit L-Thyroxin substituiert werden sollten, nicht aber die älteren. Die Limitation der Studie ist, dass nicht untersucht wurde, ob die TSH-Werte der Patienten unter Behandlung im Normbereich lagen, und ob sich der TSH-Wert im Zeitraum der Nachbeobachtung bei den unbehandelten verändert hat, also sich zB. eine manifeste Hypothyreose entwickelte.

Das Problem der meisten dieser Studien ist, dass nur der initiale TSH-Wert als Eingangskriterium gewählt wurde, und nicht eine genaue Verlaufsbeobachtung stattfand. Daher ist die Interpretation der Studien immer schwierig. Für die Praxis relevant ist, dass die Patienten mit einem auffälligen TSH weiter abgeklärt und kontrolliert werden sollten und die Behandlung dann entsprechend der Leitlinien erfolgen sollte.

Leserbrief

 
  • Literatur

  • 1 Iervasi G, Molinaro S, Landi P et al. Association between increased mortality and mild thyroid dysfunction in cardiac patients. Arch Intern Med 2007; 167: 1526-1532
  • 2 Razvi S, Weaver JU, Butler TJ et al. Levothyroxine Treatment of Subclinical Hypothyroidism, Fatal and Nonfatal Cardiovascular Events, and Mortality. Arch Intern Med 2012; 172: 811-817