Klin Monbl Augenheilkd 2013; 230 - R07
DOI: 10.1055/s-0033-1357768

Das trockene Auge als eine Entzündung: Neue Aspekte der Pathophysiologie und Therapie

C Jacobi 1
  • 1Erlangen

Das trockene Auge (Keratokonjunktivitis sicca) ist eine der häufigsten Erkrankungen weltweit. Etwa 10% der Bevölkerung leiden an einer Störung des präkornealen Tränenfilmes. Nach wie vor stellt die Therapie von Patienten mit trockenem Auge eine Herausforderung an Arzt und Patienten dar. Charakteristisch für das trockene Auge ist eine oftmals bestehende Diskrepanz zwischen morphologischen Befunden und Symptomen der Patienten. Entsprechend der Namensgebung wird mit der Bezeichnung „trockenes Auge“ zwar auch eine Austrocknung der Augenoberfläche verstanden. Entsprechend neuer pathogenetischer Erkenntnisse treten inflammatorische Mechanismen zunehmend in den Vordergrund. Es entsteht ein Circulus vitiosus, der durch eine erhöhte Osmolarität des Tränenfilmes, lokale Hormonimbalancen, insbesondere einen topischen Androgenmangel sowie neuronale Dysfunktionen der Strukturen der Augenoberfläche gesteigert wird. Nach neuer Definition (DEWS 2007) wird das trockene Auge als eine komplexe Erkrankung der Augenoberfläche und des Tränenfilms verstanden. Symptomatische Beschwerden und Visusminderung sind charakteristische Symptome. Eine Entzündung der Augenoberfläche sowie die Hyperosmolarität des Tränenfilmes spielen eine entscheidende pathogenetische Rolle. Für eine erfolgreiche Therapie dieser chronischen Erkrankung ist eine umfassende Diagnostik Voraussetzung. Nur dann können mögliche Folgen der Erkrankung, wie Beeinträchtigung von Lebensqualität, Folgeerkrankungen, wie Infektionen der Augenoberfläche, Epitheliopathien, Hornhautulzera, bis hin zur Arbeitsunfähigkeit vermieden werden. Bei der Diagnostik werden gegenwärtig zwei Hauptursachen, einmal das trockene Auge bei verminderter Tränensekretion („Mindersekretionsform“) und zum anderen das trockene Auge bei vermehrter Verdunstung des Tränenfilms („Hyperevaporationsform“) unterschieden. Neue pathogenetische Forschungsergebnisse erfordern weitere diagnostische Zusatzuntersuchungen (Osmolarität des Tränenfilms, Meibografie, Detektion dendritischer Zellen der Augenoberfläche). In der Therapie zeigt sich ein Paradigmenwechsel von Tränenersatzmitteln hin zu einer additiven Lokaltherapie mit antiinflammatorischen Substanzen (Corticosteroide, Ciclosporin A) sowie Stimulanzien der Muzinrezeptoren der Augenoberfläche (Diquafosol). Damit kann die Diskrepanz zwischen den Befunden und den Beschwerden der Patienten weiter reduziert werden.