intensiv 2013; 21(05): 226
DOI: 10.1055/s-0033-1355138
Kolumne
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Drahtseilakt Urlaubsplanung

Heidi Günther
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Publication Date:
10 September 2013 (online)

Gut ist der Vorsatz, aber die Erfüllung schwer.
(Johann Wolfgang von Goethe)

Die Sommerurlaubszeit ist ja für dieses Jahr zu Ende. In allen Bundesländern hat das neue Schuljahr bereits begonnen und in Berlin hat unsere Regierung ihre Arbeit wieder aufgenommen.

In Bayern hingen wir wie immer ein bisschen hinterher. Gerade mittendrin im Urlaubstrubel, war es für mich auch so weit. Während meine Kollegen hier schon braun gebrannt über die Station liefen, war ich immer noch kalkweiß. Einer der Nachteile, erst Ende August in den Urlaub zu gehen, ist ohne Zweifel, dass ich mit quälender Regelmäßigkeit gefragt wurde, ob ich schon im Urlaub war. Meist habe ich mit einem „Nein, noch nicht!“ oder mit einem erschöpften „Nein, aber bald!“ geantwortet. Aber dann war ich ja erst mal weg.

In Deutschland hat ein Arbeitnehmer durchschnittlich 29,1 Tage Urlaub im Jahr. Das ist viel. Nur die skandinavischen Länder haben mehr. Die Japaner mit 18 Tagen und die Amerikaner mit nur zwölf Tagen Urlaub im Jahr sind da eindeutig schlechter dran.

Wir bekommen in unserer Klinik 30 Tage Urlaub im Jahr. Das ist für den Mitarbeiter an sich sehr schön, für mich als Stationsleitung bei der Urlaubsplanung eine Herausforderung. Wir sind ein kleines Team – nur elf Mitarbeiter. Um einen ordentlichen Stationsbetrieb zu gewährleisten, sollten immer nur maximal zwei Kolleginnen im Urlaub sein. Na, super!

Elf Kollegen mit jeweils sechs Wochen Urlaub – das sind 66 Wochen. Da sind wir schon mal mit 14 Wochen im Soll. Dann die Brückentage – mit denen sind wir in Bayern ganz vorn! Wer seine Urlaubsplanung in diesem Jahr geschickt angestellt hat, konnte im April und Mai aus jeweils acht Urlaubstagen 16 freie Tage rausschinden. Von Dezember will ich gar nicht erst reden. Im Internet unter „Tipps für Brückenbauer“ (… und das hat dann nichts mit Architektur und Statik zu tun) war schon am Jahresanfang nachzulesen, wie man seinen Urlaub quasi verdoppeln kann. Für mich als Stationsleitung bei der Urlaubsplanung eine kleine Katastrophe. Da wünschte ich mir doch, ich wäre in Amerika. Für die gesamte Station ganze 19 Wochen Urlaub zu verplanen, das könnte ich mit links und die Brückentage wären mir auch egal.

Aber bei uns? Ich kann es drehen, wie ich will: Ein Jahr hat nur 52 Wochen. Die Monate Januar bis März stehen nicht unbedingt ganz oben als Urlaubswunschmonate. Sie sind die „Resterampe“ des Vorjahrs. Bestenfalls für den Resturlaub geeignet, denn der muss schließlich weg und der neue ist schon da. Ein jährliches Dilemma.

Dann dürfen natürlich auch die Mütter nicht vergessen werden. Entweder hat die Kita Betriebs- oder die größeren Kinder haben Schulferien – und davon reichlich, gefühlt jeden Monat. Ich weiß noch, dass wir zur Schulzeit meines Sohnes aus den Ferien kaum herausgekommen sind. Frühzeitig habe ich hektisch freie Tage für die schon lauernden schulfreien Zeiten rausgearbeitet, in der das Kind unterhalten und bespaßt werden wollte. Ich komme aus Berlin, da war es mit Brückentagen nicht so weit her.

Ein bisschen gerecht soll es dann auch noch zugehen, denn wer will nicht im Sommer Urlaub machen?! Nun ist es ja nicht so, dass nur wegen der Urlaubszeit auch unsere Arbeit weniger werden würde. Wir haben kein Sommerloch, wie wir es zum Beispiel bei der Politik erleben. Wo regelmäßig in Ermangelung an tagespolitischen Nachrichten die Presse das im Baggersee gesichtete Reptil oder – wie in diesem Jahr – den beißenden Hecht, eine flüchtige Kuh oder einen „Problem-Bären“ bemüht.

Dennoch schaffen wir es jedes Jahr aufs Neue – ein bisschen Flexibilität des einzelnen vorausgesetzt –, dass alle ihren Wunschurlaub bekommen. Schließlich soll es für jeden die schönste Zeit des Jahres sein.

Wenn ich dann Mitte September aus den Ferien komme, dauert es gar nicht mehr lange, und die ganze Chose fängt wieder von vorn an!

Ihre

Heidi Günther