Gesundheitswesen 2013; 75 - A271
DOI: 10.1055/s-0033-1354217

Welche Faktoren beeinflussen die gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Patienten mit Hüftfraktur während der Versorgung in der Akutklinik

K Bohl 1, B Buecking 1, J Struewer 1, A Waldermann 1, K Horstmann 1, N Schubert 1, M Balzer-Geldsetzer 1, R Dodel 1, S Ruchholtz 1
  • 1Philipps-Universität Marburg

Einleitung: Das Auftreten einer Hüftfraktur, meist in Folge eines leichten Sturzes in Kombination mit einer fortgeschrittenen Osteoporose, ist eine häufige Erkrankung bei Patienten im höheren Alter. Die daraus langfristig beeinträchtigte Lebensqualität ist bekannt. Doch auch während des Krankenhausaufenthaltes reduziert sich die Lebensqualität der Patienten. Die verantwortlichen Faktoren sind bisher wenig und nur in kleinen Stichproben erforscht worden. Daher war es das Ziel dieser Studie, einflussreiche Faktoren zu finden, welche mit einer Abnahme der Lebensqualität im Rahmen der Versorgung während des Aufenthaltes in der Akutklinik assoziiert sind. Methode: In der prospektiven Kohortenstudie waren 402 Patienten (293 weiblich, 109 männlich, Durchschnittsalter 81 Jahre) mit Hüftfraktur eingeschlossen. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität (Health-related Quality of Life, HrQoL) wurde während des Krankenhausaufenthaltes sowohl zum Zeitpunkt der Aufnahme als auch der Entlassung mit dem EuroQol Gesundheitsfragebogen erhoben. Zur Identifikation unabhängiger Einflussfaktoren auf die HrQoL wurden multivariate Regressionsanalysen durchgeführt. Den Einfluss von Antidepressiva unter Berücksichtigung der vorliegenden depressiven Symptomatik wurde mittels einer Messwiederholungsanova untersucht. Ergebnisse: Als einflussreichster Faktor auf den EQ5D Index zum Zeitpunkt der Entlassung wurde die Pflegebedürftigkeit vor der Hüftfraktur identifiziert. Des Weiteren zeigte sich ein signifikant negativer Einfluss kognitiver Beeinträchtigung (erhoben mittels des Mini Mental Status) auf den EQ5D Index bei Entlassung, sowie dessen Veränderung während des Krankenhausaufenthaltes. Wohingegen der Einsatz einer Gelenkprothese im Gegensatz zur Osteosynthese mit einem höheren EQ5D Index bei Entlassung und einer geringeren Abnahme in diesem während der Hospitalisierung assoziiert war. Höhere Werte im EQ VAS gingen dagegen mit einem höheren funktionalen Status vor der Fraktur (Barthel Index), sowie einer geringeren depressiven Symptomatik (Geriatic Depression Scale, GDS) einher. Darüber hinaus zeigte sich ein stabilisierender Effekt auf die Werte des EQ5D Indexes während des Krankenhausaufenthaltes bei Patienten, die erhöhte Werte (> 4) in der GDS aufwiesen und gleichzeitig Antidepressiva einnahmen. Patienten mit erhöhten GDS-Werten und ohne antidepressiv wirkende Medikamente, zeigten dagegen einen deutlichen Abfall des EQ5D Indexes. Dieser Effekt fand sich nicht bei Patienten ohne depressive Symptomatik (GDS ≤4). Diese zeigten insgesamt betrachtet einen negativen Effekt von Antidepressiva auf die Werte des EQ5D Indexes. Schlussfolgerung: Die gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Entlassung und ihr Verlauf während des Krankenhausaufenthaltes waren hauptsächlich von Pflegebedürftigkeit, kognitiver Beeinträchtigung, der Art der operativen Versorgung, sowie von der depressiven Symptomatik und der Indikation für eine Behandlung mit Antidepressiva bestimmt. Im Fokus der Behandlung sollten daher die Rehabilitation des funktionalen Status und die Behandlung depressiver Symptomatik liegen. Hierbei ist jedoch eindeutig zu klären, ob eine Indikation für eine medikamentöse Behandlung besteht, da sich diese bei nicht depressiven Patienten auch negativ auf die Lebensqualität auswirken kann.