Gesundheitswesen 2013; 75 - A270
DOI: 10.1055/s-0033-1354216

Die Kosten-Effektivität der Tiefen Hirnstimulation für Patienten mit Morbus Parkinson

J Dams 1, B Bornschein 2, U Siebert 2, J Volkmann 3, G Deuschl 4, WH Oertel 1, JP Reese 1, R Dodel 1
  • 1Philipps-Universität Marburg
  • 2Department of Public Health and Health Technology Assessment, UMIT – University for Health Sciences, Medical Informatics and Technology, Hall in Tirol
  • 3Julius-Maximilians-Universität Würzburg
  • 4Christian-Albrechts-Universität Kiel

Hintergrund: Neben der medikamentösen Behandlung wird seit einigen Jahren die Tiefe Hirnstimulation (THS) zur Behandlung der Parkinson Krankheit insbesondere bei Patienten mit motorischen Komplikationen eingesetzt. Klinisch sind die hohen Kosten und mögliche operative Nebenwirkungen durch eine signifikant bessere Lebensqualität nach THS gegenüber bestmöglicher oraler Medikamenteneinstellung gerechtfertigt. Neben der Durchführung der THS in späten Krankheitsstadien stellt sich durch eine kürzlich publizierte Arbeit (Schüpbach, 2013) nun die Frage, ob auch Patienten in frühen Krankheitsstadien von der THS profitieren können. Ziel dieser Arbeit war es mittels gesundheitsökonomischer Modellierung die Kosteneffektivität der THS mit der besten medikamentösen Therapie (BMT) sowohl für Patienten in frühen als auch in späten Krankheitsstadien zu vergleichen. Methoden: Zum Vergleich beider Behandlungsstrategien wurde ein Markov-Modell des Krankheitsverlaufs von M. Parkinson entwickelt. Daten zur Effektivität und zu Nebenwirkungen unter THS lieferten klinische Studien, die publizierte Fachliteratur und Metaanalysen. Nutzwerte ließen sich mittels EQ-5D erfassen. Kosten und Nutzen wurden aus der Perspektive des deutschen Gesundheitssystems für die gesamte Restlebenszeit der Patienten betrachtet. Kosten und Gesundheitseffekte wurden mit 3% pro Jahr diskontiert. Sensitivitätsanalysen untersuchten Modellannahmen zu Patientenparametern (Alter, Krankheitsstadium, motorische Komplikationen), zur Mortalität, zu Kosten (Batteriewechsel, Operation, Nebenwirkungen), sowie zur Verbesserung der Lebensqualität aufgrund verringerter motorischer Komplikationen unter THS. Außerdem wurden Auswirkungen eines frühen und späten Zeitpunktes der, Durchführung des operativen Eingriffs in multivariaten Sensitivitätsanalysen, geprüft. Ergebnisse: Das inkrementelle Kosten-Effektivitäts-Verhältnis (IKEV) für THS betrug 6.700 EUR pro gewonnenem QALY. Wesentliche Komponenten der inkrementellen Kosten waren Kosten für die Operation und den Batteriewechsel. HrQoL verbesserte sich unter THS durch geringere motorische Komplikationen. Änderungen der Diskontierungsrate, der Häufigkeit des Batteriewechsels, der Medikamenten- und OP-Kosten, sowie des Behandlungseffekts auf motorische Komplikationen zeigten den stärksten Einfluss auf die IKEV. Für Patienten bei denen eine THS früh durchgeführt wurde, ergab sich ein IKEV von 3.400 EUR/QALY. Das IKEV für Patienten mit später THS lag bei 14.300 EUR/QALY. Schlussfolgerung: Die THS kann im Vergleich zu anderen Verfahren für die Behandlung des M. Parkinson in der Medizin als kosteneffektiv angesehen werden. Unabhängig von dem Zeitpunkt der THS bestätigte sich dieses Ergebnis, wenn Patienten mit motorischen Komplikationen behandelt wurden. Sensitivitätsanalysen zeigten, dass sich das IKEV besonderes durch motorische Komplikationen und Medikamentenkosten beeinflussen ließ. Patienten bei denen die THS zu Verbesserungen motorischer Komplikationen oder einer Reduzierung der Medikamentengabe führt, dürften daher besonders von einer THS profitieren.