Gesundheitswesen 2013; 75 - A255
DOI: 10.1055/s-0033-1354203

Pschosoziale Belastungen im Spitzensport

S Gantz 1, S Schneider 1, H Schmitt 2
  • 1Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg
  • 2ATOS Klinik Heidelberg

Hintergrund/Einleitung: Angesichts der auch hierzulande beachtlichen Zahl an Ausfällen im Spitzensport ist es auffällig, dass für Deutschland bis dato kaum gesundheitsbezogene Studien zum Thema psychosoziale Belastungen im Leistungssport vorliegen. Psychosoziale Beanspruchungen und deren Folgen im Arbeitsleben sind umfangreich erforscht, bei der Kategorie der Berufsleistungssportler/innen herrscht allerdings Kenntnisbedarf. Im Training und vor allem im Wettkampf führt das Wissen über Belastungsmuster und deren Veränderung zu deutlich verbesserten Bedingungen. Im Zentrum dieser Arbeit steht deshalb die Ermittlung verschiedener psychosozialer Belastungsarten in unterschiedlichen olympischen Sportarten und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit und Lebenszufriedenheit der Sportler/innen. Material und Methoden: Als Datenbasis dieser Untersuchung dient die „Elite Athletes' Health- Study“ (EliAH). Mit standardisierten Fragebögen wurden 273 Kaderathleten/innen des deutschen Sportbundes befragt, in dem unter anderem das aus der Arbeitssoziologie stammende Modell der beruflichen Gratifikationskrisen (Siegrist, 1996 & 2004) auf den Kontext Leistungssport angewendet wurde. Es werden Prävalenzen für die unterschiedlichen Stressarten in verschiedenen Sportarten ermittelt und miteinander in Beziehung gesetzt. Außerdem werden Korrelationen mit der Zufriedenheit der Gesundheit und der allgemeinen Lebenszufriedenheit präsentiert. Ergebnisse: Es zeigen sich zum einen moderate Belastungen durch negative Zukunftserwartungen und durch das aktuelle Training. Zum anderen berichten die Athleten/innen eine sehr hohe psychische Belastung durch die fehlende Anerkennung durch den Trainer und durch Dritte. Die Korrelationsanalyse zeigt außerdem signifikante Zusammenhänge zwischen dem Belastungsniveau durch das Training und durch negative zukünftige Erwartungen einerseits und der Gesundheit sowie der Lebenszufriedenheit andererseits. Diskussion/Schussfolgerungen: Die Athleten/innen leiden am meisten unter fehlender sozialer Anerkennung im engen und weiten sozialen Umfeld. Diese Belastungen wirkten sich zum Zeitpunkt der Erhebung auf die Zufriedenheit der Athleten/innen und der Einschätzung der Gesundheit aus. Daraus besteht nach dem Modell von Siegrist die Gefahr konsekutiver Gratifikationskrisen, was in einem Ausfall oder zumindest Leistungseinbußen im Wettkampf münden kann. Die unterschiedlichen Belastungen der Athleten/innen der verschiedenen Disziplinen und deren Zusammenhänge mit der Gesundheit- und Lebenszufriedenheit verlangen ein nach Belastungen differenziertes Vorgehen in den Sportarten, um präventiv aber auch anhand von Interventionen kontinuierliche Leistungen von Spitzenathleten/innen zu ermöglichen.