Gesundheitswesen 2013; 75 - A170
DOI: 10.1055/s-0033-1354135

Zusammenhang von arbeits- und gesundheitsbezogenen Faktoren bei Servicepersonal im Hotelbetrieb – ein Geschlechtervergleich

R Seibt 1, S Spitzer 1, B Hunger 2, V Ulbricht 1
  • 1Technische Universität Dresden, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin
  • 2Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe ASD*BGN, Koordinationsstelle Potsdam

Einleitung: Etwa drei Viertel aller Erwerbstätigen in Deutschland sind im Dienstleistungssektor beschäftigt (Statistisches Bundesamt 2009). Insbesondere im Hotel- und Gaststättengewerbe ist die Arbeit durch hohen psychosozialen Druck gekennzeichnet, der sich in zahlreichen Überstunden, geringer Bezahlung und Zeitdruck widerspiegelt. Ein hohes Maß an psychosozialer Arbeitsbelastung und -stress, bei gleichzeitiger schlechter Trennung zwischen Beruf und Freizeit, wird als eine der wichtigsten Ursachen für arbeitsassoziierte Gesundheitsprobleme angesehen (Lundberg 2007). Vor diesem Hintergrund wurden die Ausprägungen von arbeits- und gesundheitsbezogenen Faktoren bei männlichem und weiblichem Servicepersonal verglichen und der Zusammenhang von Tätigkeitsmerkmalen und Gesundheit auf Moderator- (Geschlecht) und Mediatoreffekte (Lebensstilfaktoren, Erholungsunfähigkeit) geprüft. Methodik: Es wurden 59 männliche und 85 weibliche Beschäftigte (Durchschnittsalter: 35 ± 10 Jahre) mit einer arbeitsmedizinisch-psychologischen Screening-Diagnostik untersucht. Arbeitsintensität und Tätigkeitsspielraum wurden anhand des Anforderungs-Kontroll-Modells nach Karasek & Theorell (1990) ermittelt. Als gesundheitsbezogene Variablen dienten Herzkreislaufparameter, Körpermaße, ärztliche Diagnosen und Beschwerden. Personenbezogene Faktoren umfassten Nikotin- und Alkoholkonsum sowie Erholungsunfähigkeit. Ergebnisse: Arbeitsbedingungen und -anforderungen werden von männlichem und weiblichem Servicepersonal nicht signifikant unterschiedlich eingeschätzt. Das Servicepersonal beurteilt im Gruppenmittel die Arbeitsintensität (MW = 2,8 ± 0,6) und den Tätigkeitsspielraum (MW = 3,2 ± 0,6) ihrer Arbeit hoch. Danach nehmen 65% ihre Arbeit als Active-Job, jeweils 8% als High-Strain-Job bzw. Passive-Job und 19% als Low-Strain-Job wahr. In den gesundheitlichen Faktoren unterscheiden sich Erkrankungen des Herz-Kreislauf- (13%) und Muskel-Skelett-Systems (19%) sowie Verletzungen durch Unfälle (16%) und muskuloskelettale Beschwerden im Nacken- (65%), Schulter- (59%) und Rückenbereich (48%) zwischen beiden Geschlechtern nicht Männer (46%) geben lediglich im Vergleich zu Frauen (79%) signifikant weniger Nackenbeschwerden (p = 0,000) an. Erwartungsgemäß weisen Männer signifikant höhere Werte für systolischen Blutdruck (p = 0,002), BMI (p = 0,000), LDL-Cholesterin (p = 0,008) und Triglyceride (p = 0,003) auf und geben einen höheren durchschnittlichen täglichen Alkoholkonsum (46%) an (Frauen: 32% p = 0,002). Männer wiesen gegenüber Frauen – trotz vermutlich höherer körperlicher Aktivität – keine bessere kardiovaskuläre Fitness auf. Bezüglich der Erholungsunfähigkeit gaben 27% der Männer und 20% der Frauen auffällige bis sehr auffällige Werte an (p = 0,011). Zusammenhänge zwischen arbeits-, gesundheits- und personenbezogenen Faktoren fanden sich kaum die bivariaten Korrelationen zwischen Lebensstilfaktoren und Tätigkeits- bzw. Gesundheitskomponenten sind sehr gering und nicht signifikant. Aufgrund dieser fehlenden Zusammenhänge konnten weder Moderatoreffekte des Geschlechts noch Mediatoreffekte personenbezogener Variablen festgestellt werden. Schlussfolgerung: Beim Vergleich von Männern und Frauen wurden nur wenige gesundheitsbezogene Unterschiede festgestellt. Erwartungsgemäß wiesen die männlichen Beschäftigten schlechtere Werte in den kardiovaskulären Risikofaktoren (Blutdruck, BMI, Fettstoffwechsel, Alkoholkonsum) auf. Diese Risikofaktoren zeigen, dass es notwendig ist, frühzeitig in die Gesundheit dieser Berufsgruppe zu investieren. Aufgrund fehlender Zusammenhänge zwischen arbeits- und gesundheitsbezogenen Faktoren empfiehlt es sich in weiterführenden Untersuchungen ein anderes Arbeitsstress-Gesundheits-Modell für diese Berufsgruppe zu untersuchen.