Gesundheitswesen 2013; 75 - A146
DOI: 10.1055/s-0033-1354115

Determinanten der seelischen Gesundheit von Frauen im höheren Lebensalter – Ergebnisse des Stuttgarter Alterssurveys 2012 zu Depressionsneigungen der Altersgruppe 50plus

B Keller 1, J Erb 2, R Gaissmaier 1, B Szagun 1
  • 1Hochschule Ravensburg-Weingarten, Weingarten
  • 2Gesundheitsamt, Stuttgart

Einleitung: Depressionen zählen zu den häufigsten psychischen Störungen im höheren Lebensalter. Frauen leiden häufiger darunter als Männer [3,7,12,13,14]. Insbesondere die sozioökonomische Lebenssituation steht in Zusammenhang zum seelischen Wohlbefinden [6,10]. Darüber hinaus spielt die soziale Integration und das Vorhandensein sozialer Unterstützung eine wesentliche Rolle [1,9,15]. Methode: Zur Erfassung der gesundheitlichen und sozialen Lage älterer Menschen wurde 2012 der Stuttgarter Alterssurvey durchgeführt. Auf dieser Datenbasis erfolgt eine Analyse zur seelischen Gesundheit der Frauen mithilfe des PHQ-2-Fragebogens [17]. 1933 Frauen der Stuttgarter-Bevölkerung über 49 Jahren nahmen an der postalischen Befragung teil (Beteiligungsquote 52%). Gruppenspezifische Prävalenzen zur seelischen Gesundheit nach Alter, Armutsgefährdung, Erwerbsstatus, Wohnsituation und sozialer Unterstützung werden mittels Kreuztabellen ermittelt und auf signifikante Unterschiede geprüft. Ergebnis: Insgesamt berichten 10,6% der Frauen von häufiger Niedergeschlagenheit und Interessenverlust. Die daraus abgeleitete Depressionsneigung zeigt bei Frauen nach Alter eine U-förmige Verteilung: Frauen zwischen 55 und 59 Jahre (14,7%) und ab dem 70. Lebensjahr ansteigend zeigen die höchste Prävalenz für Depressionsneigung. Ein Einkommen auf Grundsicherungsniveau (RP 2,3 p < 0,001) und etwas darüber (RP 2,2 p < 0,001) steht für Frauen in hochsignifikantem Zusammenhang mit der Depressionsneigung. Im Erwerbsalter sind nicht erwerbstätige Frauen häufiger von Depressionsneigung betroffen, als die erwerbstätigen (RP 1,6 p = 0,019). Zur sozialen Unterstützung zeigt sich für Frauen ein signifikanter inverser Zusammenhang zwischen Netzwerkgröße und Depressionsneigung. Die Wohnsituation (alleine leben vs. in Ehe/Partnerschaft/Mehrpersonenhaushalt) lässt auf keine Unterschiede in der Depressionsneigung der Frauen schließen. Diskussion: Frauen zwischen 50 bis 59 und im hochbetagten Lebensalter zeigen die höchsten, Frauen ab 65 bis 69 weisen die geringsten Prävalenzraten von Depressionsneigung auf. Für die seelische Gesundheit kann demnach bei Frauen von unterschiedlich vulnerablen Altersphasen ausgegangen werden [3]. Von Armut betroffene oder bedrohte Frauen weisen eine erhöhte seelische Belastung auf [6,10]. Erwerbstätige Frauen leiden seltener unter Depressionsneigungen als die nicht-erwerbstätige Vergleichsgruppe. Dieser Befund untermauert die Ergebnisse der gesetzlichen Rentenversicherung, wonach eine psychische Störung bei Frauen die häufigste Ursache für verminderte Erwerbsfähigkeit darstellt [16]. Die soziale Einbettung – hier erfasst über das Wissen um soziale Unterstützung in schwierigen Situationen – scheint für Frauen höchst relevant für die seelische Gesundheit zu sein [1,9,15]. Aufgrund des Querschnittsdesigns der Studie lassen sich allerdings keine kausalen Zusammenhänge klären.