Gesundheitswesen 2013; 75 - A124
DOI: 10.1055/s-0033-1354098

Versorgung mit Zahnersatz in Deutschland in den Jahren 2001 bis 2009

T Schäfer 1, A Hartmann 1, R Hussein 1, EM Bitzer 1, FW Schwartz 1
  • 1Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitssystemforschung (ISEG), Hannover

Einleitung: Über die Versorgung mit Zahnersatz ist wenig bekannt. Versichertenbezogene Abrechnungsdaten zum Zahnersatz wurden bisher nicht ausgewertet, weil der Heil- und Kostenplan (HKP) als Datenquelle komplex aufgebaut und schwer zu erfassen ist. Bei der hier vorgestellten Untersuchung handelt es sich um die erste systematische und bevölkerungsbezogene Darstellung der Versorgung mit Zahnersatz in Deutschland. Daten und Methoden: Es wurden, bezogen auf die Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (BEMA Teil 5), die pseudonymisierten Daten der HKPs der Versicherten der ehemaligen Gmünder Ersatzkasse (GEK) der Abrechnungsjahre 2001 bis 2009 mit einem Schwerpunkt auf dem Querschnitt des Jahres 2009 ausgewertet. In diesem Jahr war ein Anteil von rund 2% der Bevölkerung bei der GEK versichert. Im Zentrum der Untersuchung stand die Inanspruchnahmerate, d.h. der Anteil der Versicherten mit mindesten einem HKP im Jahr, der geschlechts- und altersstandardisiert berechnet wurde. Zur Interpretation der Variation auf Länderebene wurden ökologischen Regressionsanalysen herangezogen. Querschnittsergebnisse: Im Jahr 2009 wurde für einen Anteil von 11,5% der Versicherten mindestens ein zahnersatzbezogener HKP abgerechnet (Männer: 10,7% Frauen: 12,3%). Die Zahl der pro Jahr und betroffenem Versicherten abgerechneten HKPs lag bei rund 1,3. 56% aller HKPs entfallen auf Reparaturen und Wiederherstellungsmaßnahmen. Die Inanspruchnahmerate steigt mit dem Alter stetig und fast linear an und erreicht in der Altersgruppe der 75- bis unter 80-Jährigen einen Gipfel von 27%. Die mittleren Kosten für Neueingliederungen betrugen 1.382 Euro je Betroffenem, für Frauen rund 75 Euro mehr als für Männer. Die regionalen Disparitäten sind erheblich. So variiert die Inanspruchnahmerate auf Länderebene von 8,8% (Saarland) bis zu 13,8% (Hamburg). Anders als im Bereich der konservierenden und chirurgischen Leistungen weisen der Tendenz nach die neuen Länder niedrigere Werte auf als die alten und die Stadtstaaten höhere als die Flächenländer. Die Gliederung der Kosten nach Ländern vermittelt interessante Aufschlüsse: In den Stadtstaaten sind die mittleren Gesamtkosten vergleichsweise hoch, in den neuen Ländern eher niedrig. Die Länder mit den höchsten Eigenleistungen der Versicherten, die zum Teil weit über dem bundesweiten Durchschnitt liegen, sind Baden-Württemberg, Hamburg, Bayern und Hessen. In einer Modellanalyse konnte die Eigenbeteiligung der Versicherten auf Länderebene gut vorhergesagt werden vom mittleren Winkler-Index für die soziale Schichtung (mit positivem) und dem Arbeitslosenanteil (mit negativem Vorzeichen). Längsschnittsergebnisse: Die Dreijahresverlustrate für Zahnkronen lag zwischen 2,1% und 2,7%. Die zeitliche Entwicklung der Inanspruchnahme und der Kosten von Zahnersatz (Neueingliederungen) in den Jahren 2001 bis 2009 ist geprägt von der Einführung der Festzuschüsse mit Wirkung vom 1. Januar 2005. In den Jahren 2003 und vor allem 2004 stieg die Inanspruchnahmerate bis auf einen Wert von über 7% an (Vorholeffekt), um dann im Jahr 2005 auf einen Wert von ca. 5% zu fallen. Nach Abklingen des Interventionseffektes blieb die Inanspruchnahmerate etwa einen Prozentpunkt unterhalb des Niveaus, auf dem sie sich in den Jahren 2001 und 2002 befunden hat. Die Kostenanteile der privaten Haushalte und der Privatversicherungen an den Gesamtkosten für Zahnersatz sind seit 2005 kontinuierlich angestiegen. Schlussfolgerung: Die Leistungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen bieten die Möglichkeit, die Gesundheitsberichterstattung in Deutschland vielfach eine Basis für vertiefende Versorgungsforschung auf den Bereich der Versorgung mit Zahnersatz zu erweitern.