Gesundheitswesen 2013; 75 - A78
DOI: 10.1055/s-0033-1354060

Beeinflusst der Berufsstatus die Gesundheit von Frauen? – Eine Dekomposition gesundheitlicher Ungleichheit in einem Panelsurvey

H Kröger 1
  • 1European Univserity Institute, Firenze

Einleitung/Hintergrund: Die Frage nach den Ursachen gesundheitlicher Ungleichheit und deren Kategorisierung in verschiedene Typen von sozialer Kausalität, Gesundheitsselektion und gemeinsamen Drittfaktoren ist in den letzten Jahrzehnten ein wichtiger Bestandteil der medizinsoziologischen Forschung geworden. In meinem Beitrag untersuche ich Ungleichheit in der subjektiven Gesundheit zwischen Frauen in normalen und in hoher Statusposition im Beruf. Die Untersuchung trifft einen Bereich in dem Frauen am Arbeitsmarkt noch deutlich unterrepräsentiert sind. Es werden dabei nicht unterschiedliche Berufe, sondern unterschiedliche Hierarchiestufen innerhalb von Berufen untersucht. Von besonderem Interesse ist dabei, ob die Faktoren, die die gesundheitliche Ungleichheit erklären über die Zeit variieren, da dies für mögliche Programme zur Reduzierung von gesundheitlicher Ungleichheit von enormer Wichtigkeit ist. Daher ist der Einsatz von Längsschnittsdaten ungemein wichtig. Die Dekomposition von gesundheitlicher Ungleichheit zwischen zwei Statusgruppen wird regelmäßig in hierarchischen Regressionsmodellen durchgeführt. Sukzessivenehmen diese Modelle Variablen zur Erklärung der gesundheitlichen Ungleichheit in die Regressionsmodelle hinzu. In dieser Studie wird allerdings durch die Verwendung von Fixed-Effectsauch berücksichtigt, ob diese Variablen zeitlich veränderbar sind. Außerdem wird die umgekehrte Kausalität oder Gesundheitsselektion explizit modelliert. Daten/Methodik: Die Analyse basiert auf Daten des Soziooekonomischen Panels (SOEP) aus den Jahren 1999 – 2011. Das Sample besteht aus abhängig beschäftigten Frauen im Alter von 18 – 64 (n = 9834). Ich nutze hierarchische cross-lagged Querschnitts und Panel-Fixed-Effects Modelle, um die gesamten gesundheitlichen Ungleichheiten folgenden Ursachen zuzuordnen: 1) Gemeinsame Hintergrundfaktoren,2) Jobmerkmale,3) sozialpsychologische Faktoren,4) Selektionseffekte. Ergebnisse: Frauen in hohen Statuspositionen zeigen deutlich bessere subjektive Gesundheit als Personen aus niedrigen Statuspositionen. Dies gilt insbesondere wenn man das höhere Alter der Personen im hohen Jobstatus berücksichtigt. In den Regressionsmodellen zeigt sich, dass Hintergrundfaktoren wie Bildung in etwa die Hälfte der gesundheitlichen Ungleichheiten erklären können. Jobmerkmale haben kaum einen Einfluss. Ein weiteres Viertel der Ungleichheiten kann durch sozialpsychologische Faktoren wie Sorgen um den Arbeitsplatz und Zufriedenheit mit der Arbeit erklärt werden. Bei Verwendung von FE-Modellen fällt auf, dass fast die gesamte Erklärungskraft dieser Variablen auf zeitkonstante Faktoren zurückzuführen ist, die sich im Erwerbsverlauf nicht oder nur geringfügig ändern. Zeitlich variabel ist der Selektionseffekt, der circa 20% der gesamten gesundheitlichen Ungleichheiten erklären kann. Diskussion/Schlussfolgerungen: Es zeigt sich, dass unterschiedliche Faktoren für gesundheitliche Ungleichheiten zwischen Frauen mit hohem und Frauen mit normalem Jobstatus verantwortlich sind. Dabei spielen Hintergrundfaktoren die größte Rolle, sozialpsychologische Faktoren und Gesundheitsselektion sind gemeinsam ebenso erklärungskräftig. Wichtig ist aber vor allem die Erkenntnis, dass der allergrößte Teil der gesundheitlichen Ungleichheiten durch Faktoren bestimmt wird, die sich zeitlich über den Erwerbsverlauf nicht mehr ändern. Dies ist von großer Bedeutung, da Prävention oder Intervention es schwer haben wird entsprechende Faktoren zur Verringerung von gesundheitlicher Ungleichheit zu nutzen. Solche Ansätze müssen entweder früher im Lebenslauf ansetzen, bevor der volle Einstieg in Erwerbsleben erfolgte oder alternative Strategien zur Kompensation gesundheitlicher Defizite entwickeln.