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DOI: 10.1055/s-0033-1354054
Prädiktionsmodells für Krankenhauseinweisungen mit Routinedaten: Entwicklung, Validierung und Anwendung
Das Gesundheitssystem steht angesichts der Herausforderungen des demografischen Wandels vor der Frage, wie die Ressourcenallokation effizient und gerecht gestaltet werden kann. Aufwändige Programme zur Krankenhaus-Fallvermeidung sind deshalb da angezeigt, wo eine Krankenhausaufnahme ohne Intervention wahrscheinlich ist. Ein Fünftel der Versicherten sind für 80% der Leistungsausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verantwortlich. Hohe Leistungsinanspruchnahme wird oft durch Multimorbidität verursacht, bei der chronische Erkrankungen interagieren und vorliegende Krankheitsbilder zusätzlich in Kombination betrachtet werden müssen (1). Risikomodelle können unbegrenzt viele Variablen berücksichtigen. Ein Drittel der Leistungsausgaben verursachen Krankenhausaufenthalte (2). Krankenhausaufenthalte sind zumindest teilweise vermeidbar (3). In Großbritannien und den USA ist deshalb die Anwendung von Prädiktionsmodellen im Gesundheitswesen zur Vorhersage von Krankenhauswiederaufnahmen verbreitet (4). Für Deutschland wurde im WIdO einRisikoprädiktionsmodell auf Grundlage vonKrankenkassendaten entwickelt. Eine prädiktionsgestützte Fallauswahl für Maßnahmen des Versorgungsmanagements erfolgt dabei durch die individuelle Vorhersage der Likelihood of Hospitalization (LOH). Daten/Methodik: Das Risikoprädiktionsmodell ALOH-A 2.1, Allgemeine LOH- und Ausgabenprädiktionist auf einer Zufallsstichprobe von 11,5 Millionen anonymisierten und über 3 Jahre durchgehend versicherten AOK-Versicherten erstellt worden und wertet Abrechnungsdaten aus der ambulanten und stationären Versorgung, Arzneimittel und Stammdateninformationen aus. Das Prädiktionsmodell weist jedem Versicherten dessen persönliche Wahrscheinlichkeit zu, in den nächsten zwölf Monaten stationär aufgenommen zu werden (Erst- und Wiederaufnahme). Dabei wurden Klassifikationssysteme für ambulante und stationäre Diagnosen auf ICD-Basis, für Arzneimittel auf ATC-Basis und andere entwickelt. In einer logistischen Regression werden Gewichte für die LOH bestimmt. Die Modellgüte wird anhand statistischer Werte überprüft. Ergebnisse: Die durchschnittliche LOH liegt bei 14,8%, Range 0,1 – 100%. Eine Aufnahmewahrscheinlichkeit von mindestens 50% wie beim PPV berücksichtigt erreichen 3 Prozent. In Quintilen betrachtet haben 78,4% eine LOH von 0 – 20 Prozent, 16,2% von 20 – 40 Prozent, 3,9% von 40 – 60 Prozent, 1,2% von 60 – 80 Prozent und von über 80 Prozent. Extremwerte über 90 Prozent erreichen 0,1%, von über 95 Prozent 0,05% und von über 99 Prozent 0,01%. Die Varianzaufklärung, Sensitivität und PPV erreicht für das allgemeine Modell gute Werte im Vergleich mit dem englischen PARR-30-Modell und dem deutschen Routinedatenmodell CSSG von Verisk Health: R-Quadrat = 0,18, die Sensitivität = 0,11, der AUC = 0,75 und der PPV = 0,58. Für Morbiditätsgruppen wie Herzinsuffizienz ergeben sich erwartungskonform höhere Sensitivitäten und Varianzaufklärungen. Einsatzszenarien und erste Ergebnisse werden vorgestellt. Diskussion/Schlussfolgerungen: Mit dem hier vorgestellten LOH-Modell wurde auf der methodischen Basis einer multiplen logistischen Regression ein valides, auf Leistungsdaten einer Krankenkasse beruhendes Prädiktionsmodell für zukünftige Krankenhauseinweisungen entwickelt. Ein Vergleich mit anderen vorliegenden Modellen zeigte höhere oder gute Gütekriterien (soweit vergleichbar). Die präventive Anwendung und die Überführung in Interventionen werden derzeit in Einzelanwendungen entwickelt. Grundsätzlich weist die Prädiktion künftiger Krankenhauseinweisungen einige methodische Limitationen auf, insbesondere, da sich nicht alle Krankenhausaufenthalte in den Routinedaten andeuten und, weil Grundinformationen wie Familienstand in den Routinedaten ebenso fehlen medizinische Parameter und verhaltens- und personenspezifische Risikofaktoren für Erkrankungen. Dennoch führt die Eingabe von 488 Variablen zu einer komplexen Einbeziehung unterschiedlichster Kombinationsmöglichkeiten dieser Klassifizierungen. Aufgrundlage von Routinedaten werden Informationen zu der Aussage aggregiert, für wen die Krankenhausaufnahme wahrscheinlich ist. Im Ausblick für die Anwendung wird die Vermeidung von Krankenhausaufnahmen anvisiert. In Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten unterstützt das dargestellte Modell die Optimierung der Patientenversorgung.