Gesundheitswesen 2013; 75 - A39
DOI: 10.1055/s-0033-1354030

Betriebliches Gesundheitsmanagement für Führungskräfte – Evaluation einer Seminarreihe für Führungskräfte

T Altenhöner 1, M Köhler 1, M Philippi 2, F Alaze 1
  • 1FH Bielefeld, Bielefeld
  • 2Institut für Technologietransfer an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, Saarbrücken

Hintergrund: Die Gesundheitsförderung von Mitarbeitern wird für Unternehmen immer bedeutsamer. Der Rückgang der Erwerbsbevölkerung erfordert, dass Arbeitnehmer möglichst lange gesund und arbeitsfähig bleiben und Unternehmen für jüngere Arbeitnehmer attraktiv sind. Zudem scheinen Investitionen in die Gesundheit der Arbeitnehmer längerfristig betriebswirtschaftliche Ergebnisse zu verbessern, z.B. indem Fehlzeiten und Unfälle reduziert werden (Badura et al. 2008 Lück, Eberle & Bonitz 2009). Bei der Umsetzung von Konzepten betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) spielen Führungskräfte eine zentrale Rolle. Sie können Promotoren sein oder – bei Desinteresse oder Widerstand – die Umsetzung behindern (Bechmann et al. 2011). Für Arbeitnehmer kann das Führungsverhalten ihres Vorgesetzten eine gesundheitliche Ressource oder Barriere darstellen (Skakon et al. 2010). Zugleich ist die Arbeit als Führungskraft mit besonderen gesundheitlichen Anforderungen verknüpft (Kuoppala, Lamminpaa & Liira 2008). Die vorliegende Studie ging der Frage nach, welche Effekte eine Seminarreihe erzielen kann, in der Führungskräfte eine Schulung im Hinblick auf gesundheitliches Selbstmanagement und ihre Relevanz für die Mitarbeitergesundheit erhalten. Methodik: In drei ganztägigen Seminareinheiten im Abstand von etwa 10 Wochen wurden Führungskräfte eines großen deutschen Industrieunternehmens geschult. Mithilfe eines längsschnittlichen Designs mit zwei Messzeitpunkten wurden die Teilnehmer vor (T0) und nach der Seminarreihe (T1) mit standardisierten Fragebögen befragt. Als soziodemografische Merkmale wurden das Geschlecht, das Alter und die schulische Bildung erhoben. Zur Erfassung der gesundheitsbezogenen Führung wurde das Instrument Health-oriented Leadership (HoL) (Franke & Felfe 2010) herangezogen. Das Instrument erfasst die Selbst- und Mitarbeiterführung in den Dimensionen „Achtsamkeit“, „Stellenwert der Gesundheit“, „Selbstwirksamkeit“ und „Verhalten“. In die Analysen wurden Daten von 70 Führungskräften einbezogen. Der Anteil männlicher Teilnehmer lag bei 95,7%. Das Durchschnittsalter betrug 43,3 Jahre (SD = 5,4 Jahre). Zur Berechnung der Unterschiede zwischen den Messzeitpunkten wurden T-Tests für verbundene Stichproben kalkuliert. Ergebnisse: In drei der vier Dimensionen verbesserte sich die gesundheitliche Selbstführung hochsignifikant. In der Achtsamkeit gegenüber der eigenen Gesundheit wurde ein tendenzieller Effekt nachgewiesen. Hinsichtlich der Mitarbeiterführung ergaben sich Effekte für das Gesundheitsverhalten sowie eine Tendenz für die gesundheitsbezogene Achtsamkeit ihnen gegenüber. Die Führungskräfte sorgten nach den Seminaren bei ihren Mitarbeitern offenbar vermehrt dafür, dass diese ihre Arbeitsorganisation gesundheitsbewusster gestalten, beispielweise ungestörte Arbeitsphasen einplanen oder einseitige Körperhaltungen vermeiden. Zudem sahen sie sich besser in der Lage, gesundheitliche Belastungen oder Überforderungen der Mitarbeiter wahrzunehmen. Keine Differenzen zeigten sich für die Einschätzung der gesundheitsbezogenen Selbstwirksamkeit der Mitarbeiter und für den Stellenwert der Mitarbeitergesundheit. Diskussion/Schlussfolgerung: Die Befunde deuten darauf hin, dass spezifische Gesundheitsseminare für Führungskräfte dazu beitragen können, die häufig nicht ausreichend wahrgenommene Rolle des Führungsverhaltens auf die Gesundheit von Mitarbeitern (Stadler & Strobel 2006) bewusst zu machen. Die Seminarreihe scheint insbesondere den Umgang mit der eigenen Gesundheit zu fördern. Ebenso achten die Führungskräfte nach der Teilnahme häufiger auf eine gesundheitsbewusste Arbeitsorganisation und gesunde Arbeitsbedingungen. Das Gesamtergebnis der Seminarevaluation sollte eine gute Ausgangsbasis für die förderliche Wirkung der Einbindung von Führungskräften in Konzepte zum betrieblichen Gesundheitsmanagement darstellen. Gerade im Zusammenhang mit älter werdenden Belegschaften sowie einem zu erwartenden Mangel an jüngeren und gut qualifizierten Arbeitskräften sollten die Ergebnisse helfen, einen Perspektivenwechsel in Richtung Gesundheitsmanagement vorzunehmen und Unternehmen dazu motivieren, solche Strategien als wichtigen Bestandteil anzusehen und einzuführen.