Rofo 2013; 185 - V25
DOI: 10.1055/s-0033-1352555

Morphologie der femoralen Ursprünge der Kniegelenk-Seitenbänder während des Wachstums – eine MRT Studie an 150 kindlichen Kniegelenken

S Tschauner 1, T Kraus 2, E Sorantin 1, P Schmidt 3, G Singer 4, R Eberl 4, AM Weinberg 4
  • 1Abteilung für Kinderradiologie, Universitätsklinik für Radiologie
  • 2Klinische Abteilung für Kinderorthopädie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie, Graz
  • 3MRT Institut Stolzalpe Dr. Schmidt, Stolzalpe
  • 4Klinische Abteilung für allgemeine Kinder- und Jugendchirurgie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie, Graz, Österreich

Zielstellung: Die femoralen Anhaftungsstellen der beiden Kniegelenk-Seitenbänder werden in der gängigen Fachliteratur während des Wachstumsalters heterogen dargestellt: Einerseits wird von manchen Autoren ein metaphysärer- und andererseits epiphysärer Bandursprung postuliert. Verletzungen an diesen Stellen werden ebenfalls inhomogen dargelegt. Die Arbeit zielt darauf ab, mithilfe von pädiatrischen Knie-MRT-Vermessungen den entsprechenden Bandursprung aufzusuchen und im Hinblick auf dessen proximo-distalen Abstand zur Wachstumsfuge möglichst exakt zu messen. Material und Methoden: MRT-Bilder von 150 Kniegelenken (m = 75, w = 75, Alter = 2 – 18 Jahre) wurden retrospektiv bezüglich des Abstands vom jeweiligen femoralen Seitenbandursprung (Innen- bzw. Außenband) zur distalen femoralen Epiphysenfuge vermessen. Der Bandursprung-Epiphysenfugen-Abstand des jeweiligen Bandes in Bezug zu Alter und Geschlecht wurde mittels Korrelationen (Pearson), univariater- und multivariater Datenanalyse sowie einer Regressionsanalyse unter der Verwendung eines linearen Modells mit SPSS Statistics Version 20 (IBM, New York, USA) berechnet. Ein isolierter knöcherner Ausriss des inneren Kapselbandes (tiefes inneres Seitenband) eines Kniegelenks wurde während der Recherche im PACS entdeckt und zur Illustration der anatomischen Verhältnisse dreidimensional rekonstruiert. Ergebnisse: Der mittlere Innenband-Epiphysen-Abstand betrug 0,89 ± 0,19 cm bei Buben und 0,78 ± 0,15 cm bei Mädchen. Der Außenbandansatz-Epiphysen-Abstand war 0,71 ± 0,15 cm bei Jungen und 0,66 ± 0,13 cm bei Mädchen. Alle gemessenen Bandursprünge lagen distal der Eröffnungszone der distalen Femurepiphysenfuge. Eine positive Korrelation der Seitenbandursprungs-Epiphysenfugen-Abstände zum Alter (MCL r = 0,872, LCL r = 0,788) wurde gefunden. Die Geschlechtsunterschiede waren statistisch signifikant (MCL p < 0,001, LCL p = 0,002). Die Abstandszunahme mit steigendem Alter war nahezu linear (jährlich: MCL 0,045 cm bei Buben und 0,036 cm bei Mädchen; LCL 0,028 cm bei Buben und Mädchen). Schlussfolgerung: Die gewonnen Ergebnisse legen nahe, dass sowohl Innen- als auch Außenband am femoralen Ursprung konstant distal der distalen femoralen Epiphysenfuge anhaften. Dies steht im Widerspruch zu einem Teil der gängigen Fachliteratur, welche gewöhnlich einen metaphysären Bandursprung beschreibt. Bezüglich des Verhältnisses des (epiphysären) Bandursprungs-Fugen-Abstandes zum Patientenalter zeigen die aktuellen Vermessungen einen annähernd lineareren Zusammenhang. Verletzungen im Sinne von teilweise beschriebenen Avulsionsfrakturen („knöcherne metaphysäre Bandausrisse„) werden deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zu Läsionen der Wachstumsfuge führen und sollten daher genauer nachkontrolliert werden.