Suchttherapie 2013; 14 - S_14_1
DOI: 10.1055/s-0033-1351455

Kriterien der Internetabhängigkeit: Befunde der PINTA-Längsschnittstudie

G Bischof 1, A BIschof 2, S DeBrito 2, S Porz 2, C Meyer 3, U John 3, HJ Rumpf 2
  • 1Universität zu Lübeck, Psychiatrie
  • 2Universität zu Lübeck
  • 3Universität Greifswald

Einleitung: Die Datenlage zu problematischem Internetgebrauch bzw. Internetabhängigkeit ist bislang unbefriedigend. Die meisten Studien basieren auf nicht-repräsentativen Stichproben. Repräsentative Studien sind größtenteils durch die ausschließliche Nutzung von Kurzfragebögen in ihrer Aussagekraft eingeschränkt. Die vorliegende Studie beschreibt die Verbreitung von internetbezogenen Problemen und Internetabhängigkeit anhand klinischer Interviews einer Längsschnittbefragung eines bundesdeutschen Repräsentativsamples.

Methode: Es wurden 15.023 Menschen im Alter von 14 bis 64 Jahren telefonisch u.a. zu ihrem Internetverhalten befragt. Suchthafter Internetgebrauch wurde zunächst mittels der Compulsive Internet Use Scale (CIUS) erfasst. Alle teilnahmebereiten Befragten der Telefonstudie mit einem CIUS-Wert von 21 oder mehr Punkten wurden um Teilnahme an einem vertiefenden persönlichen Interview gebeten. Bestandteil des Interviews war in Anlehnung an das CIDI die klinische Erfassung von 9 für das DSM-V vorgeschlagenen Symptome der Internetabhängigkeit, welche in der vorliegenden Befragung nicht auf Computerspiele begrenzt waren. Insgesamt konnten 195 Interviews realisiert werden (Ausschöpfung: 66,1%).

Diskussion/Ergebnisse: Vorläufige Analysen ergaben, dass 36,9% der Stichprobe mit 5 oder mehr erfüllten Kriterien eine Internetabhängigkeit aufwiesen und weitere 36,9% mit 3 oder 4 erfüllten Kriterien Hinweise auf eine problematische Internetnutzung aufwiesen. Internetabhängige waren gegenüber der Referenzpopulation signifikant jünger, unterschieden sich aber nicht hinsichtlich des Anteils an Männern oder der subjektiv für die Problementstehung verantwortlich gemachten Primäraktivitäten im Netz.

Schlussfolgerung: Die Daten weisen darauf hin, dass internetbezogene Probleme und Internetabhängigkeit auch bei Hinzuziehung klinischer Beeinträchtigungsmaße substantiell verbreitet und nicht auf Online-Gaming begrenzt sind. Implikationen für Forschung und Versorgung werden diskutiert.