Klin Monbl Augenheilkd 2013; 230(9): 902-913
DOI: 10.1055/s-0033-1350689
Übersicht
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Retinal exsudative Gefäßerkrankungen im Kindesalter: Morbus Coats und familiär exsudative Vitreoretinopathie (FEVR)

Retinal Exudative Disease in Childhood: Coatsʼ Disease and Familial Exudative Vitreoretinopathy (FEVR)
A. M. Joussen
Augenklinik der Charité Universitätsmedizin Berlin (Standorte Virchow Klinikum und Klinikum Benjamin Franklin)
,
R. S. Gordes
Augenklinik der Charité Universitätsmedizin Berlin (Standorte Virchow Klinikum und Klinikum Benjamin Franklin)
,
F. A. Heußen
Augenklinik der Charité Universitätsmedizin Berlin (Standorte Virchow Klinikum und Klinikum Benjamin Franklin)
,
B. Müller
Augenklinik der Charité Universitätsmedizin Berlin (Standorte Virchow Klinikum und Klinikum Benjamin Franklin)
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Publikationsverlauf

eingereicht 23. Juni 2013

akzeptiert 08. Juli 2013

Publikationsdatum:
28. August 2013 (online)

Zusammenfassung

Diese Übersicht erläutert die Pathophysiologie vaskulärer retinaler Pathologien im Kindesalter mit Schwerpunkt der familiär exsudativen Vitreoretinopathie (FEVR) und des Morbus Coats. Sowohl der Morbus Coats als auch die familiär exsudative Vitreoretinopathie zeigen vaskuläre Veränderungen mit exsudativen Begleitveränderungen. Morbus Coats manifestiert sich in Form von Teleangiektasien mit aneurysmatischen Gefäßveränderungen. Diese sind von exsudativen subretinalen Lipidansammlungen begleitet, die erhebliche Ausmaße annehmen können. Der Morbus Coats ist in 90 % der Fälle eine unilaterale Erkrankung, die bei ansonsten gesunden männlichen Kindern auftritt. Die Laser- und Kryotherapie der vaskulären Pathologie ist bei anliegender Netzhaut die Methode der Wahl. Netzhautchirurgische Eingriffe sind nur in Ausnahmenfällen unter strengem differenzialdiagnostischen Ausschluss eines Retinoblastoms und in fortgeschrittenen Fällen indiziert. Bei der FEVR handelt es sich um eine zu 56 % dominant (FZD4 und TSPAN12) und zu 44 % rezessiv (LRP5 und NDP) vererbte Erkrankung, die sich durch eine temporal avaskuläre Netzhaut mit pathologisch veränderten Gefäßen auszeichnet. Der nach temporal verzogene Gefäßbaum führt zu einer Heterotopie der Makula. Insbesondere Formen mit einer starken subretinalen Exsudation können eine Progredienz mit Visusverlust durch exsudative oder traktive Amotio aufweisen. Exsudative Formen sind behandlungsbedürftig im Sinne einer Reduktion der peripheren Ischämie und zum Verschluss der pathologischen Vaskularisation durch Kryopexie oder Laserkoagulation. Bei Traktion können glaskörperchirurgische Eingriffe erforderlich werden. Sowohl der Mobus Coats als auch die FEVR sind progrediente Erkrankungen, die lebenslänglicher Kontrollen und Therapie bedürfen.

Abstract

This article reviews the pathophysiology of retinal vascular disease with emphasis on Coatsʼ disease and familial exudative vitreoretinopathy (FEVR). Both Coatsʼ disease and FEVR demonstrate vascular abnormalities and associated exudation. Coatsʼ disease manifests as teleangiectasia and aneurysms. Exudative subretinal lipid deposits can be extensive. Coatsʼ disease is in 90 % unilateral and affects predominantly otherwise healthy young males. If the retina is attached, laser and cryocoagulation are the method of choice. Vitreoretinal surgery is only rarely indicated in advanced cases after a retinoblastoma has been excluded prior to surgery. FEVR inheritance is 56 % dominant (FZD4 und TSPAN12) and 44 % recessive (LRP5 und NDP). Temporal dragging of the vascular arcades and heterotopia of the macula are characteristic for FEVR. Subretinal exudates are indicators for progression of the disease with visual loss due to subsequent exudative or tractive retinal detachment. Exudative forms require treatment and reduction of peripheral ischaemia with laser photocoagulation and cryopexia. In cases of tractive detachments vitreoretinal surgery is necessary. Coatsʼ disease and FEVR are both progressive diseases requiring lifelong follow-up and therapy.