Geburtshilfe Frauenheilkd 2013; 73 - P25
DOI: 10.1055/s-0033-1347750

Normalisierung des sFlt1/PlGF Quotienten und spontane Remission einer Präeklampsie nach dem intrauterinen Fruchttod von Fetus B in einer dichorialen, biamnioten Zwillingsschwangerschaft

D Wertaschnigg 1, W Arzt 1
  • 1Landesfrauenklinik Linz, Pränatalmedizin, Linz, Oesterreich

Hintergrund: Präeklampsie (PE) und intrauterine Wachstumsrestriktion (IUGR) sind eine der Hauptursachen für neonatale und mütterliche Morbidität und Mortalität. Eine abnorme Plazentation mit einer verminderten Angiogenese wird als Schlüsselproblem in der Pathogenese der PE und der IUGR gesehen. Mehrere Studien konnten bereits zeigen, dass der Antiangiogenesefaktor sFlt1 im Serum von Patientinnen mit PE erhöht, hingegen der Proangiogenesefaktor PlGF vermindert ist, somit kann ein erhöhter sFlt1/PlGF Quotient hinweisend auf eine Plazentadysfunktion sein.

Case Report: Eine 24-jährige Erstgravida mit dichorialer, biamnioter Zwillingsschwangerschaft nach IVF wird in der SSW 26+3 wegen V.a. PE stationär aufgenommen. Die Pat. hat erhöhte Blutdruckwerte, eine Proteinurie sowie Ödeme an beiden Beinen und Händen. Das Labor zeigt keinen Hinweis auf ein HELLP Syndrom, der sFt1/PlGF Quotient ist mit 88 erhöht (normal < 85). Im Ultraschall zeigt sich ein eutropher Zwilling A mit normaler Fruchtwassermenge und normalem Doppler der A. umbilicalis, hingegen Zwilling B ist deutlich wachstumsretardiert mit einem Schätzgewicht von 400 g (normal 870 – 1230 g), Oligohydramnie und hochpathologische Dopplerbefunde (Nullfluss bzw. intermittierend retrograder Fluss während der Diastole in der A. umbilicalis und retrograder Fluss während der Vorhofkontraktion im Duktus venosus). Das CTG von Zwilling A ist unauffällig, Zwilling B zeigt variable Dezelerationen.

Aufgrund der schlechten Prognose für Zwilling B wird mit der Patientin ein abwartendes Vorgehen vereinbart, um somit die Prognose für Zwilling A durch Vermeidung extremer Frühgeburtlichkeit zu verbessern. Es wird eine antihypertensive Therapie mit Methyldopa 3 mal täglich 500 mg Tabletten und zusätzlich Nifedipin Tropfen als Bedarfsmedikation für hypertensive Krisen gestartet. Unter dieser Therapie bleibt die Schwangere klinisch stabil, die Harnsäurespiegel steigen bis zu 6,12 mg/dl (normal 2,4 – 6,0), das Serumprotein fällt ab bis 5,9 g/dl (normal: 6,5 – 8,5) und der sFlt1/PlGF Quotient steigt an bis 92. In der SSW 27+6 wird der intrauterine Fruchttod (IUD) von Zwilling B diagnostiziert. Anschließend kommt es zu spontanen Normalisierung der RR-Werte (Figure1), die Ödeme verschwinden, Harnsäure und Serumprotein kehren wieder in den Normbereich zurück, keine Proteinurie mehr nachweisbar und der sFlt1/PlGF Quotient fällt plötzlich ab in den Normbereich (Figur 2). Die begonnene antihypertensive Therapie kann wieder beendet werden, und die Patientin bleibt für die restliche Schwangerschaft stabil ohne Zeichen einer PE. Aufgrund einer zusätzlichen entstandenen transfusionspflichtigen Rhesusimmunisierung im Anti-D System wird die Schwangerschaft in der SSW 34+3 per Sectio beendet. Der postoperative Verlauf war sowohl für die Mutter als auch den überlebenden Zwilling unauffällig.

Diskussion: Dieser Fall zeigt eine ungewöhnliche Spontanremission einer Präeklampsie während der Schwangerschaft mit Normalisierung des sFlt1/PlGF Quotienten nach dem IUD des schwer retardierten Zwilling B. Es scheint, dass die abnorme Funktion der Plazenta von Zwilling B einerseits die Wachstumsretardierung aber auch die Symptome der PE und den pathologischen sFlt1/PlGF Quotienten verursacht haben. Diese Theorie wird unterstützt durch die Tatsache, dass sich nach Ausschaltung (= IUD) der betroffenen Plazenta aus der Zirkulation alle Werte und Symptome bis zum Ende der Schwangerschaft normalisierten.

Abb. 1: Abfall des Blutdrucks (RR) nach IUD von Zwilling B

Abb. 2: Normalisierung (< 85) von sFlt1/PlGF nach IUD von Zwilling B