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DOI: 10.1055/s-0033-1347741
Fulminanter Verlauf einer schweren Präeklampsie mit HELLP-Syndrom sowie intrazerebraler Blutung bei risikoarmer Primigravida
Das HELLP-Syndrom tritt bei 0,5 – 0,9% aller Schwangerschaften und bei 10 – 20% der Frauen mit einer schweren Präeklampsie auf. Treten die Symptome nach der 34. Schwangerschaftswoche auf, so ist die sofortige Entbindung indiziert. Die Laborparameter normalisieren sich postpartum meist innerhalb von 48 Stunden.
In dieser Kasuistik wird der fulminante Verlauf eines HELLP-Syndroms und das interdisziplinäre Management bei neurologischen Komplikationen einer schweren Präeklampsie beschrieben. Die Bedeutung des interdisziplinären Managements von präeklampsie-assoziierten Notfällen im Perinatalzentrum wird aufgezeigt.
Eine 30-jährige Primigravida wurde in der 35+0 SSW aufgrund steigenden Blutdrucks bis 130/90 mmHg, Proteinurie und progredienten Ödemen mit bis dato unauffälligem Schwangerschaftsverlauf wegen des Verdachts einer Präeklampsie stationär aufgenommen. In der 35+2 SSW entwickelte die Patientin obgleich moderaten Transaminasenanstiegs mit 58 U/l AST massive Oberbauchschmerzen und Blutdruckspitzen bis 190/100 mmHg bei extremer psychomotorischer Unruhe. Aufgrund der eindrücklichen klinischen Symptomatik wurde die Indikation zur sofortigen Schnittentbindung gestellt. Im unmittelbar postpartal abgenommenen Labor zeigte sich ein sprunghafter Anstieg der AST auf 1821 U/l, der LDH auf 3075 U/l und fallende Thrombozyten bis 39.000/ml. Die Blutdrücke mit Spitzen bis 200/110 mmHg konnten mit dreimaliger Gabe von 10 mg Urapidil peripartal auf Werte um 160/90 mmHg gesenkt werden. Die Krampfprophylaxe erfolgte mit Magnesiumsulfat i.v.
Aufgrund intermittierender Somnolenz, verwaschener Sprache und diskreter Parese des linken Armes wurde ein zerebrales Computertomogramm erstellt, das eine Stammganglienblutung im Bereich des Caput Nuclei caudatus mit Einbruch in den dritten und vierten Ventrikel aufzeigte. Bei neu aufgetretenen Doppelbildern an Tag 7 post sectionem wurde eine Angiografie durchgeführt, die segmentaler Vasospasmen der A. basilaris sowie beider Aa mediae diagnostizierte. Die Diplopie konnte damit einer supranukleären Okulomotoriusstörung zugeordnet werden.
Die Transaminasen normalisierten sich bis Tag 7 mit 29 U/l AST. Nach Gabe von vier Thrombozytenkonzentraten post sectionem stabilisierte sich die Thrombozyten mit 200.000 Thrombozyten/ml. Der Hypertonus sistierte bei Gabe von Methyldopa von Tag 5 bis 9. Die neurologischen Defizite bildeten sich bis auf die Diplopie, die mit Prismengläsern und Spasmolyse der zerebralen Gefäße durch einmalig Noradrenalin und fortlaufend Nimodipin behandelt wird, nach zwei Tagen zurück.
Insgesamt wurde die Patientin nach der Entbindung 6 Tage intensivmedizinisch betreut und konnte an Tag 24 post sectionem aus der stationären Behandlung in die ambulante Rehabilitation überwiesen werden. Das eutrophe Frühgeborene wurde bei einem Geburtsgewicht von 2250 g, Nabelarterien mit pH 7,31 und einem Apgarwert von 10/10/10 an Tag 11 p.p. aus der stationären neonatologischen Betreuung in gutem Allgemeinzustand entlassen.
Der Fall zeigt eine plötzliche Exazerbation einer schweren Präeklampsie mit HELLP-Syndrom in einer scheinbar risikoarmen Patientin und verdeutlicht die Notwendigkeit des interdisziplinären Managements im Perinatalzentrum.