Geburtshilfe Frauenheilkd 2013; 73 - V19
DOI: 10.1055/s-0033-1347720

Klinischer Nutzen des negativen Vorhersagewertes angiogener Faktoren in Patientinnen mit einem anamnestisch erhöhten Risiko für Präeklampsie

D Wertaschnigg 1, W Arzt 2
  • 1Universitätsfrauenklinik Salzburg, Gynäkologie und Geburtshilfe, Salzburg, Österreich
  • 2Landesfrauenklinik Linz, Pränatalmedizin, Linz, Österreich

Einleitung: Präeklampsie (PE) betrifft ca. 5% aller Schwangerschaften und trägt maßgeblich zur mütterlichen und kindlichen Morbidität bzw. Mortalität bei. Letztere ist vor allem durch die Kombination von Frühgeburtlichkeit und intrauteriner Wachstumsrestriktion (IUGR) erklärbar. Obwohl die Pathogenese nicht ganz geklärt ist, und es sich wahrscheinlich um ein multifaktorielles Geschehen handelt, wird eine abnorme Plazentation in der ersten Schwangerschaftshälfte als Schlüsselproblem gesehen. Mehrere Studien konnten zeigen, dass der Antiangiogenese-Faktor sFlt1 im Serum schwangerer Frauen mit PE bereits Wochen vor dem Auftreten klinischer Symptome erhöht, der Proangiogenese-Faktor PlGF hingegen erniedrigt ist. Frauen, die bereits in einer vorangegangenen Schwangerschaft eine PE bzw. HELLP-Syndrom hatten, haben ein erhöhtes Wiederholungsrisiko, welches umso höher ist, je früher das Ereignis stattgefunden hat. Dennoch haben viele Schwangere mit einem anamnestisch erhöhten Risiko eine normale Schwangerschaft mit unauffälligem Outcome. Die Fragestellung dieser Studie ist, ob ein normaler sFlt1/PlGF Quotient (< 85) bei Schwangeren mit einem anamnestisch erhöhten Risiko einen guten negativen Vorhersagewert darstellt.

Methode: Bei 63 Schwangeren mit einem anamnestisch erhöhten Risiko wurde zwischen der 9. und 34. SSW einmalig der sFlt1/PlGF Quotient bestimmt und mit dem Outcome korreliert.

Ergebnisse: 25 Frauen hatten ein anamnestisch erhöhtes Risiko wegen PE in der vorangegangenen Schwangerschaft, 9 wegen HELLP-Syndrom, 12 wegen IUGR in einer früheren Schwangerschaft, 8 hatten eine vorbestehende primäre Hypertonie, 5 hatten einen Diabetes Mellitus Typ 1 und 4 hatten eine Abortus habitualis-Anamnese bei positiven Anti-Phospholipidantikörpern. Der durchschnittliche sFlt1/PlGF Quotient lag bei 9,2 und der Mittelwert bei 5 (1 – 58). Das durchschnittliche Gestationsalter bei der Entbindung lag bei 38,8 SSW, 14% (9/63) waren Frühgeburten, 6% (4/63) mussten vor der 34. SSW entbunden werden. Das durchschnittliche Geburtsgewicht lag bei 3,2 kg, 11% waren unter der 10. Perzentile und ebenso viele unter 2,5 kg. Nur 2 Neugeborene wogen unter 1,5 kg bei der Geburt, beide waren bezogen auf die Gestationsalter eutroph. Nur 3/63 mit einem a priori erhöhten Risiko aber mit einem normalen PE-Marker entwickelten schlussendlich doch eine Präeklampsie oder HELLP-Syndrom, jeweils in der 33., 35. und 36. SSW mit jedoch eutrophen Neugeborenen. 8 Frauen entwickelten eine Schwangerschaftshypertonie, aber alle bis auf eine (33. SSW) konnten nach 37+0 SSW entbunden werden.

Schlussfolgerung: Ein negativer sFlt1/PlGF-Quotient bei Schwangeren mit einem anamnestisch erhöhten Risiko scheint mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem guten Schwangerschaftsoutcome zu korrelieren. Zumindest schwere frühe Formen der PE mit ausgeprägter IUGR sind bei unauffälligem PE Marker vermutlich nicht anzunehmen. Somit könnte in Zukunft ein unauffälliger PE-Marker in diesem Patientenkollektiv eventuell zu einer Reduktion von Verlaufskontrollen und auch zur Beruhigung der Schwangeren führen. Weiters ist trotz eines anamnestisch erhöhten Risikos eine Entbindung an einem Perinatalzentrum nicht zwingend erforderlich.