Geburtshilfe Frauenheilkd 2013; 73 - P4_9
DOI: 10.1055/s-0033-1343554

Schwangerschaftsprologation – ein unterbewerteter Qualitätsindikator?

M Riemer 1, S Seeger 1, C Heß 2
  • 1Perinatalzentrum, Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe – Bereich Geburtshilfe
  • 2Klinik für Kinder und Jugendmedizin – Bereich Neonatologie

„Nur nicht zu spät entbinden ...!“ Eine Meinung, die de facto richtig ist, jedoch durch den Folgesatz ergänzt werden sollte, „... aber auch nicht zu früh!“ Perinatalmediziner müssen oft Entscheidungen in Grenzbereichen treffen. Insbesondere bei Schwangerschaftskomplikationen mit extrem unreifem Fetus ist die Entscheidung über die Entbindung eine für das Leben des Kindes, aber auch das der Familie eine nahezu alles prägende. Umso wichtiger ist es, diese Entscheidung auf Grundlage großer Erfahrungen und im perinatologischen Konsil zwischen Geburtshelfern und Neonatologen zu treffen. Die Fähigkeit und Bereitschaft eines Perinatalzentrums (PNZ) zur Prolongation ist ein Qualitätskriterium, welches durch die Fachgesellschaften, den Gemeinsamen Bundesausschuss, die Kostenträger und Forensiker unzureichend hinterfragt und bewertet wird. Vielmehr werden „Mindestmengen“ an Frühgeburten < 1.250 g zum vermeintlichen Qualitätskriterium eines PNZ erhoben, ohne dass die pränatale Entscheidungsgrundlage hierfür geprüft wird. Die Kostenträger vergüten die erfolgte Frühgeburt, aber nicht die verhinderte. Es gibt kaum juristische Urteile bzgl. einer zu früh indizierten Entbindung, massig jedoch hinsichtlich der vermeintlich zu späten Indikationsstellung. Insbesondere vor 28 v. SSW ist jeder Tag eines Verbleibens des Kindes in utero von einer relevanten Mortalitätsminderung begleitet.

Wir zeigen anhand zweier Fallbeispiele, wie durch ein intensives feto-maternales Monitoring, eine gute perinatalogische Kooperation und nicht zuletzt durch informed consens der werdenden Eltern eine Prolongation der Schwangerschaften erreicht und eine mit hoher Wahrscheinlichkeit eingetretene perinatale Mortalität bzw. Morbidität verhindert wurde.