Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - P238
DOI: 10.1055/s-0033-1341898

Ergebnisse verhaltenstherapeutisch-psychodiabetologischer Interventionen bei Menschen mit psychischen Störungen und diabetesbezogenen Stress

U Löw 1, A Benecke 1
  • 1Universität Mainz, Mainz, Germany

Fragestellung: Die Prävalenz von psychischen Erkrankungen bei Menschen mit Diabetes ist erhöht ist (Anderson et al., 2008). Viele dieser Menschen haben neben der psychischen Störung einen erhöhten diabetesbedingten Stresslevel, der als Folge häufig die Stoffwechseleinstellung verschlechtert (van Bastellar et al., 2010).

Wir gehen davon aus, dass die psychische Störung zu einer Beeinträchtigung des Diabetes-Selbstmanagements der Patienten führen kann, die wiederum auf unterschiedlichen Ebenen (Kognitionen, Emotionen, Verhalten) eine Belastung darstellt. Wir wollen überprüfen, ob eine kognitive Verhaltenstherapie, die explizit diabetesspezifische Elemente in die Behandlung mit einbezieht, Auswirkungen auf die Stoffwechseleinstellung hat.

Methodik: In der Poliklinischen Institutsambulanz der Universität Mainz besteht seit 2008 ein Behandlungsschwerpunkt für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Diabetes mellitus. Aktuell werden von 14 Therapeuten, die die Weiterbildung „Psychodiabetologie“ absolvieren bzw. bereits abgeschlossen haben, 65 Patienten behandelt. Wir untersuchen die Daten von 109 konsekutiv aufgenommenen Patienten, bei denen eine Komorbidität zwischen einem Typ 1 bzw. Typ 2 Diabetes und einer psychische Störung diagnostiziert wurde. Alle Patienten litten weiterhin unter einer psychischen Belastung durch die Diabeteserkrankung, die durch die Diagnose „Psychische Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei andernorts klassifizierten Störungen“ (F 54) ergänzt wurde. Der Hba1c-Wert wurde bei diesen Patienten zu Beginn, im Verlauf und zum Abschluss der Therapie erfragt. Weiterhin füllen die Patienten zu diesen Messzeitpunkten das Beck Depression Inventar (BDI) aus.

Ergebnisse: Die durchgeführte Verhaltenstherapie führte zu einer signifikanten Verbesserung des HbA1c-Wertes um durchschnittlich 0,85 Prozentpunkte zwischen Beginn (HbA1c-MW = 9,02%) und Ende der Therapie (HbA1c-MW = 8,14%). Weiterhin konnte Stimmung der Patienten signifikant verbessert werden (BDI Prä 20,5 und Post 11,6 Punkte). Dieser Erfolg blieb auch in der Katamnese stabil (BDI 12,2 Punkte).

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse liefern uns Hinweise darauf, dass es bei den Patienten, die neben einer psychischen Störung einen diabetesbedingt erhöhten Stresslevel ausweisen, eine Richtlinien-Psychotherapie, die explizit diabetesspezifische Elemente aufweist, sowohl zu einer Verbesserung der psychischen Störung als auch zu einer Optimierung der Stoffwechseleinstellung führt. Um diese Patienten gut behandeln zu können, brauchen wir Psychotherapeuten, die sich eine psychodiabetologische Expertise angeeignet haben. Weitere Forschung muss jedoch folgen, um diese Ergebnisse an einer größeren Stichprobe und mit einem randomisiert-kontrollierten Design zu validieren.