Diabetologie und Stoffwechsel 2013; 8 - FV17
DOI: 10.1055/s-0033-1341677

Langfristige Effekte der Rehabilitation für Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus Typ 1

R Stachow 1, R Schiel 2, S Koch 3, S Fiedler 4, T Hermann 5, RW Holl 6
  • 1Fachklinik Sylt für Kinder und Jugendliche, Westerland, Germany
  • 2MEDIGREIF Inselklinik Heringsdorf GmbH, Heringsdorf, Germany
  • 3Fachklinik Gaißach, Gaißach, Germany
  • 4Kinder Rehaklinik Am Nicolausholz, Bad Kösen, Germany
  • 5Fachklinik Prinzregent Luitpold, Scheidegg, Germany
  • 6Universität Ulm, Ulm, Germany

Hintergrund: Die kurzfristige Wirksamkeit der Rehabilitation für Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus Typ 1 konnte unlängst gezeigt werden (Stachow, 2013); es zeigten sich Verbesserungen der Behandlungsintensität, der Stoffwechselqualität, akuter Komplikationen und der Teilhabe. Die Frage ist, ob auch über einen längeren Zeitraum nach der Reha solche Effekte stabil bleiben.

Patienten und Methoden: Ausgewertet wurden die Daten von 1352 Kindern Jugendliche mit Diabetes mellitus Typ 1 die zwischen 1996 und Dezember 2010 einer stationären Rehabilitation mit einer Dauer von mindestens 19 Tagen zugeführt wurden und für die prä – und poststationäre Daten von ambulanten Betreuungszentren für einen Beobachtungszeitraum bis 3 Jahre nach der Reha in der Datenbank der DPV-Wiss-Initiative vorlagen. Der prästationäre Beobachtungszeitraum betrug im Mittel 0,25 Jahre und der poststationäre 1,5 Jahre. Es wurden Parameter des Krankheitsmanagements, der Behandlungsstrategie, der Stoffwechselkontrolle, der kardiovaskulären Risikofaktoren sowie der Teilhabe erhoben und mittels Wilcoxon Signed Rank Test sowie hierarchischen multivariablen Regressionsmodellen (SAS-Glimmix) ausgewertet.

Ergebnisse: Das mittlere Alter lag vor Reha bei 10,47 (± 0,1), zum Katamnesezeitpunkt bei 12,22 (± 0,1) Jahren. Die Diabetesdauer betrug 3,65 (± 0,09) Jahren. 51,7% männliche Patienten. Zum Katamnesezeitpunkt (18,5 Monate) n. d. Reha ergaben sich signifikante Veränderungen bezüglich: häufigeren Injektionen und BZ-Kontrollen (p < 0,0001), mehr Anwendung von Analoginsulinen (p < 0,0001), mehr Insulinpumpenbehandlungen (11,3% vs. 20,6%; p < 0,0001), weniger schwere Hypoglykämien (p < 0,0001)sowie einer Reduktion von Krankheits- und AU/Schulfehltagen (p < 0,0001). Der HbA1c stieg im Mittel an (vor Reha 8,14% vs. nach Reha 8,25%, (p < 0,0001)) Der Anteil adipöser Patienten und der Anteil von Folgeerkrankungen (Retinopathie, Mikroalbuminurie, Dyslipidämie, Hypertension) veränderten sich nicht. Einflussfaktoren der verbesserten Teilhabe (diabetesbezogene Krankheitstage, Fehltage und Tage stationärer Krankenhausbehandlung) waren das Ausmaß des jeweiligen Ausgangsbefunds, (p < 0,0001) und eine anhaltenden HbA1c-Verbesserung (p < 0,05). Die stationären Behandlungstage verbesserten sich stärker in der jüngsten Altersgruppe (p = 0,006). Die Verbesserung der Teilhabe war unabhängig von der Diabetesdauer und der Behandlung mit Insulinpumpe.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die im ersten Jahr nach der Rehabilitation gefundene Verbesserung des HbA1c war bei einer Nachbeobachtung der Patienten bis zu 3 Jahren nicht mehr nachweisbar. Nachhaltig war jedoch die günstige Auswirkung der Reha auf Aspekte des Krankheitsmanagements und der Behandlungsstrategie (Selbstkontrollen, Injektionshäufigkeit, Pumpenbehandlung), akuter Komplikationen (schwere Hypoglykämien) und der Teilhabe (Krankheits- und Fehltage). Damit ist eine nachhaltige, auch gesundheitsökonomisch positive, Wirkung der Rehabilitation anzunehmen.