Gesundheitswesen 2013; 75 - P58
DOI: 10.1055/s-0033-1337589

Gesundheitliche Bedeutung von Phthalaten in Kindertagesstätten – ein integrativer Ansatz zur Risikoabschätzung – Länderuntersuchungsprogramm III (LUPE III)

T Lahrz 1, R Burghardt 1, D Kadler 2, H Fromme 3, L Fembacher 3, W Völkel 3, S Dietrich 3, M Kraft 4, S Sievering 4
  • 1Landeslabor Berlin-Brandenburg, Berlin
  • 2Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin
  • 3Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München
  • 4Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, Essen

Hintergrund:

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales, das Landeslabor Berlin-Brandenburg, das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) untersuchten in einem gemeinsamen Programm untersuchten in einem gemeinsamen Programm das Vorkommen von bestimmten Weichmachern, den sogenannten Phthalaten, in Kindertagesstätten. Untersuchungen des BUND von Hausstaub aus 160 deutschen Kindertagesstätten, die in den Jahren 2010 und 2011 durchgeführt wurden, ergaben teilweise hohe Belastungen mit Phthalaten in diesem Medium. Der BUND kommt zu dem Schluss, dass in einigen Fällen die Belastung so hoch ist, dass der Kita-Besuch zu einer erheblichen Belastung der Kinder mit Weichmachern führt und Grenzwerte für eine gesundheitliche Unbedenklichkeit überschritten werden.

Methode:

Vor diesem Hintergrund sollte zur validen Abschätzung möglicher Risiken die aktuelle Expositionssituation von Kindern in Kindertagesstätten gegenüber Phthalaten erhoben und im Vergleich mit den Kenntnissen zu gesundheitlichen Wirkungen beurteilt werden.

In der Zeit vom 28.11.2011 bis zum 3.5.2012 wurden in insgesamt 63 Kindertagesstätten der drei Bundesländer Proben genommen. An einem Kita-Tag wurden dabei die in der Raumluft befindlichen Phthalate gesammelt, die Feinstaubgehalte (PM10 und PM2,5) direkt gemessen und verschiedene Raumklimaparameter bestimmt. Außerdem wurde am Ende des Kita-Tages der Bodenstaub des Gruppenraumes in dem sich die Kinder aufhielten mit einem speziellen Filteraufsatz abgesaugt. Darüber hinaus wurde bei insgesamt 663 Kindern im Alter von 20 – 80 Monaten am Abend nach dem Kita-Tag von den Eltern eine Urinprobe der Kinder gesammelt. Um im Hinblick auf die innere Belastung der Kinder die Einflüsse aus dem häuslichen Umfeld deutlich von denen in der Kindertagesstätte abzugrenzen, wurden Eltern von Kindertagesstätten die montags beprobt wurden, gebeten, zusätzlich den Morgenurin ihrer Kinder aufzufangen.

Ergebnisse:

In den Kindertagesstätten wurde ein zu der BUND-Studie ähnliches Belastungsniveau der Phthalate im Hausstaub ermittelt. Im Vergleich zu repräsentativen Voruntersuchungen in Deutschland ergaben sich deutlich niedrigere Gehalte der mit den Abendurinen der Kinder ausgeschiedenen Metaboliten. Lediglich bei DiNP und BBzP blieb die Belastungssituation auf gleichem Niveau. Bei 52 der 663 insgesamt untersuchten Kinder wurden in den Urinproben für einzelne Phthalate erhöhte Werte festgestellt. Diese stehen zwar mit größter Wahrscheinlichkeit nicht mit dem Besuch in der Kita in Zusammenhang, sie zeigen aber, dass bei einzelnen Kindern die Zufuhr mit bestimmten Phthalaten zu hoch ist. Es besteht daher weiter Bedarf zur Ermittlung der Quellen, die für erhöhte Belastungen verantwortlich sein können.

Ein Vergleich der Metabolitenkonzentrationen in den Morgenurinproben und den nach dem Aufenthalt in der Kindertagesstätte erhobenen Befunden ergab keinen Hinweis, dass die Hausstaubbelastung in der Einrichtung eine wesentliche Zusatzbelastung darstellt. Die vorgelegte Untersuchung bestätigt Einschätzungen, dass sich die Ergebnisse von Hausstaubuntersuchungen nicht unmittelbar zur Abschätzung der Aufnahme von Schadstoffen und damit von gesundheitlichen Risiken eignen. Vor diesem Hintergrund wären Untersuchungen erforderlich, die einerseits die Menge der täglichen Staubaufnahme besser abschätzen und andererseits die Resorptionsverfügbarkeit nach oraler Aufnahme prüfen.