Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P164
DOI: 10.1055/s-0033-1337305

Bewusstseinsdetektion mittels P300

R Ortner 1, A Lechner 1, J Rodriguez 1, C Guger 1
  • 1Guger Technologies OG, Graz, Oesterreich

Einleitung:

Bis zu 43% der Patienten bei denen zunächst das apallische Syndrom diagnostiziert wurde, werden bei abermaliger Untersuchung als zumindest bei minimalen Bewusstsein eingestuft. [1]. Mittels eines Brain-Computer Interfaces (BCI) kann festgestellt werden ob ein Anwender willentlich sein Gehirnwellen kontrollieren kann, und somit bei Bewusstsein ist [2]. In dieser Publikation wird ein BCI vorgestellt, das zu diesem Zweck P300 Wellen detektiert, die Simulation erfolgt über taktile Reize.

Material/Methode:

Das System wurde an 10 gesunden Anwendern getestet. Eine P300-Welle, als Teil des ereigniskorrelierten Potentials (EKP) wird ausgelöst indem in einer Reihe von Standardstimuli ein bestimmter Zielstimulus (mit geringer Wahrscheinlichkeit) erscheint, und der Benutzer aktiv auf das Auftreten dieses Stimulus gewartet hat. Die Stimuli wurden über Vibration zweier Taktoren, welche an zwei verschiedenen Stellen des Körpers (z.B. linke und rechte Hand) geklebt wurden, gegeben. An einer Stelle wurden dabei die Standardstimuli verabreicht, an der zweiten die Zielstimuli. Die Dauer eines Stimulus war 110 ms (Vibrieren des Taktors) die Pause zwischen den Stimuli betrug 40 ms. Das EEG wurde an acht Positionen (Fz, FC1, FC2, C3, Cz, C4, CP1, CP2, Positionen laut internationalem 10 – 20 System) abgeleitet, und mittels eines Biosignalverstärkers an das BCI gesendet. Ein erster Durchlauf produzierte Trainingsdaten um das BCI auf das EEG des Benutzers zu kalibrieren, der zweite Durchlauf wurde dann als Test verwendet um mittels Methoden des maschinellen Lernens zu entscheiden, ob die P300 Welle korrekt erkannt werden konnte, und somit der Benutzer den Anweisungen folgen konnte. Ein solcher Durchlauf beinhaltete 1200 Wiederholungen des Standard- bzw. 150 Wiederholungen des Zielstimulus. Jeweils 30 EKPs die auf einen Zielstimulus folgten, und somit eine P300 enthalten sollten, wurden gemittelt, und mit 240 gemittelten EKPs verglichen die kein P300 enthalten durften. Somit wurde in jedem Durchlauf fünf mal entschieden ob die P300-Wellen zur richtigen Zeit vorhanden waren.

Ergebnisse:

Bei allen Benutzern konnten die fünf gemittelten P300 Wellen mit hunderprozentiger Genauigkeit detektiert werden.

Diskussion:

Das vorgestellte BCI bietet eine Möglichkeit um bei Wachkomapatienten, ein mögliches Bewusstsein festzustellen. Das BCI wurde zuerst an gesunden Anwendern erprobt, eine Evaluierung an Patienten ist derzeit im Gange. Durch Benützung von mehr als zwei Taktoren kann das System auch zur Kommunikation verwendet werden.

Literatur:

[1] Cruse, D.; Chennu, S.; Chatelle, C.; Bekinschtein, T. A.; Fernández-Espejo, D.; Pickard, J. D.; Laureys, S. & Owen, P. A. M. Bedside detection of awareness in the vegetative state: a cohort study The Lancet, 2011, 378, 2088 – 2094.

[2] Naci L.; Monti MM.; Cruse D.; Kübler A.; Sorger B.; Goebel R.; Kotchoubey B. & Owen AM. Brain-computer interfaces for communication with nonresponsive patients. Ann. Neurol. 2012, Sep;72(3):312 – 23.