Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P145
DOI: 10.1055/s-0033-1337286

Über die Feedforward Kontrolle der Blickstabilisierung während Auge-Kopf-Bewegungen

M Saglam 1, S Glasauer 1, N Lehnen 1
  • 1Klinikum der Uni München, München, Deutschland

Fragestellung: Bei schnellen Auge-Kopf-Bewegungen wird der Blick durch eine Gegenbewegung der Augen auf dem Ziel stabil gehalten, während der Kopf sich weiter in Richtung Ziel bewegt (Gegenbewegungsphase der Blickbewegung). Diese Blickstabilisierung kann durch vestibuläres, propriozeptives oder visuelles Feed-back kontrolliert oder als Teil der Bewegungsplanung gesteuert werden (feed-forward Kontrolle). Wir untersuchten die Bedeutung der feed-forward-Kontrolle für die Blickstabilisierung während der Gegenbewegungsphase.

Methoden: Es nahmen zehn gesunde Probanden teil und fünf Patienten, die viele Jahre zuvor im Rahmen einer operativen Entfernung von Vestibularisschwannomen beidseits vestibulektomiert wurden. Das Trägheitsmoment des Kopfes wurde mithilfe eines Helms mit exzentrisch angebrachten Massen um das 3,3-fache erhöht während Probanden und Patienten horizontale Blickbewegungen zu im Dunkeln kurz aufblitzenden Zielpunkten machten (75 und 80 Grad). Auge- und Kopfbewegungen wurden mit der Search-Coil-Methode gemessen. Die Blickstabilisierung wurde anhand des Quotienten aus Auge und Kopfbewegung (Gain) quantifiziert.

Ergebnisse: Die Erhöhung des Kopfträgheitsmoments führte zu Kopfoszillationen bei Gesunden und bei Patienten. Der Blick blieb bei Gesunden recht stabil, und zwar während der Gegenbewegungsphase der Blickbewegung und während der Kopfoszillationen danach (Gain: 0,84 ± 0,15 und 0,80 ± 0,17, Mittelwert ± Standardabweichung). Patienten ohne vestibuläre Rückkopplung konnten während der Gegenbewegungsphase den Blick deutlich besser stabilisieren als während der Kopfoszillationen (Gain: 0,43 ± 0,12 und 0,23 ± 0,09).

Schlussfolgerungen: Die Blickstabilisierung während der Gegenbewegungsphase schneller Auge-Kopf-Bewegungen erfolgt durch feedforward Kontrolle und ist damit Teil der Bewegungsplanung. Vestibuläres und zu einem geringen Teil auch propriozeptives System sind hilfreich bei der Korrektur, falls die geplante Stabilisierung gestört wird.