Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - P40
DOI: 10.1055/s-0033-1337181

Stimulation der Mechanorezeptoren peripherer Nerven durch mechanische taktile Stimulation (mechanischer Impuls, Vibration, Druck, Berührung) und Ableitung somatosensorisch evozierter Potentiale (SEP): Anwendung zur elektrophysiologischen Frühdiagnostik zentraler sensibler Störungen am Beispiel der Multiplen Sklerose

C Frischholz 1, C Reiser 1, BCJ Liske 2, A Melms 3, U Ziemann 1
  • 1Universitätsklinikum Tübingen, Abt. Neurologie mit Schwerpunkt neurovaskuläre Erkrankungen und Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, Tübingen, Deutschland
  • 2Universitätsklinikum Tübingen, Psychiatrische Klinik und Poliklinik, Tübingen, Deutschland
  • 3Neurologische Klinik, Erlangen, Deutschland

Einleitung: Die taktile Stimulation von Mechanorezeptoren der Haut mit Ableitung somatosensorisch evozierter Potentiale (SEP) wurde in unserem Labor bereits etabliert. Die Reizsetzung erfolgte durch mechanischen Impuls, Vibration, Druck, Bestreichen der Haut. Die kortikalen Potentialantworten zeigten sich gut reproduzierbar und normierbar und lieferten bis zum 80. Lebensjahr valide Messergebnisse. Die Möglichkeiten zur Frühdiagnostik von peripheren Neuropathien wurden in Ergänzung zur üblichen neurographischen Untersuchung aufgezeigt. In dieser Arbeit wurde die Anwendung bei zentralen sensiblen Störungen am Beispiel der Multiplen Sklerose untersucht.

Methoden: Es wurden an 29 freiwilligen Patienten mit Multipler Sklerose und klinisch nachvollziehbarer Sensibilitätsstörung ohne klinische oder elektrophysiologische Zeichen einer peripheren Neuropathie kortikal abgeleitete SEP nach Stimulation durch mechanischen Impuls, Vibration, Druck, Bestreichen registriert, zudem das Tibialis- und Medianus-SEP nach üblicher Methodik. Zudem erfolgte durch Pulsweitenmodulation eine Variation der Vibrationsintensität nach Kalibrierung an die subjektive Vibrationsempfindung bei Anwendung der üblichen Vibrationsgabel nach Rydel-Seiffer.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Die Ableitung kortikaler SEP nach taktiler Stimulation durch mechanischen Impuls, Vibration, Druck, Bestreichen ist bei Patienten mit Sensibilitätsstörungen bei Multipler Sklerose zur Erfassung selektiver Affektion der Afferenzen einzelner sensibler Qualitäten geeignet und zeigt auch bei normalem Medianus- und Tibialis-SEP charakteristische pathologische Muster. Dies eröffnet Möglichkeiten zur frühzeitigen Evaluierung von Sensibilitätsstörungen bei Multipler Sklerose.