Einleitung:
Die Abweichung der subjektiven visuellen Vertikalen (SVV) ist ein wichtiges Zeichen für ein vestibuläres Tonusungleichgewicht in der Roll-Ebene. Frühere Studien zeigten, dass einseitige pontomedulläre Hirnstammläsionen zu einer ipsiversiven SVV-Abweichung führen, während pontomesencephale Läsionen contraversive SVV-Abweichungen bedingen. Allerdings waren frühere Daten von begrenzter Qualität und fehlenden statistischen Ansatz.
Material/Methode:
Es wurden 79 Patienten mit akuten einseitigen Hirnstamminfarkten auf die SVV-Abweichung untersucht und ein statistisches voxel-basiertes Läsionsmapping (VLBM) durchgeführt.
Ergebnisse:
Die SVV-Auslenkung wurde als wichtiges Hirnstammzeichen verifiziert. Es konnte erstmalig statistisch bestätigt werden, dass Läsionen des medialen longitudinalen Fasciculus (MLF) und des medialen vestibulären Kerngebiets mit einer ipsiversiven SVV-Auslenkung assoziiert sind, während Läsionen des rostralen interstitiellen Kerns des MLF, des superioren Kleinhirnstiels und des Okulomotoriuskerns sowie des Nucleus Cajals zu einer contraversiven SVV-Auslenkung führen können.
Diskussion:
Diese Strukturen bilden das anatomische Korrelat der vertikalen Wahrnehmung im Hirnstamm. Vorliegende Daten zeigen weiterhin, dass gravizeptive Otolithensignale eine vorherrschende Rolle im multisensorischen System der vertikalen Wahrnehmung spielen.