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DOI: 10.1055/s-0033-1337141
Hochfrequenzstimulation im posterolateralen internen Pallidum bei Chorea-Akanthozytose – eine Fallstudie
Case:
Chorea-Akanthozytose ist eine hyperkinetische Bewegungsstörung bei Kindern und Erwachsenen mit schwerer Beeinträchtigung der Lebensqualität, welche medikamentös nur unzureichend beeinflussbar ist. Mit dem Hintergrund von positiven Berichten einer bilateralen tiefen Hirnstimulation (THS) im internen Pallidum bei dystonen und choreatiformen Symptomen wurde bei einem 46-jährigen Mann mit humangenetisch gesicherter Chorea-Akanthozytose eine pallidale THS durchgeführt. Die Symptomatik bestand seit circa 8 Jahren. Die Chorea der oberen Extremitäten führte zur Gebrauchsunfähigkeit der rechten Hand und drastischer Reduktion der Aktivitäten des täglichen Lebens. Eine ausgeprägte Progredienz unwillkürlicher Zungenbewegungen mit oralen Transportstörungen führte zu Schwierigkeiten bei der Ernährung, zuletzt war die orale Nahrungsaufnahme nur mithilfe Dritter möglich. Kognitive Einschränkungen fanden sich nicht. Da mehrere medikamentöse Behandlungsansätze (Tiaprid, Olanzapin, Tetrabenazin, Aripiprazol) die Beschwerden nicht wesentlich besserten bzw. zu Nebenwirkungen führten, wurde die Indikation zur tiefen Hirnstimulation im ventroposterolateralen internen Pallidum gestellt. Der Zielpunkt wurde nach Modellhirn 3,5 mm rostral der MCP, 22,5 mm lateral und 4 mm kaudal hierzu definiert. Anhand des individuellen MRT-Bilddatensatz (1,5 T, T2-, IR-Sequenzen) wurde bei Atrophie des Pallidums der Zielpunkt anhand der Visualisierung korrigiert. Die zweizeitige Implantation der Elektroden (St. Jude Medical) erfolgte in Propofol-Narkose mit begleitendem Mikroelektrodenrekording. Postoperativ wurde die Neurostimulation im Bereich der ventralen Kontakte bds. mit folgenden Parametern initiiert: 130 Hz, 91µs, 3,5 mA. Im Verlauf wurden verschiedene Stimulationsfrequenzen überprüft. Die motorischen Symptome wurden anhand der Unified Huntington's Disease Rating Scale (UHDRS) erfasst. Der Patient berichtete unmittelbar nach Beginn der Stimulation mit 130 Hz über eine ca. 80%ige Verbesserung der Extremitäten-Chorea (VAS), die orale Kostaufnahme war nahezu uneingeschränkt möglich. Die Ergebnisse der UHDRS unter verschiedenen Stimulationsbedingungen werden im Detail dargestellt.
Diskussion:
Weltweit sind bislang nur 4 Fälle mit tiefer Hirnstimulation bei Patienten mit humangenetisch gesicherten Chorea-Akanthozytose berichtet worden, davon erhielten 3 Patienten eine pallidale THS. Die klinische Verbesserung variierte von 25 – 30% (Guehl) bis 73% (Shin). Der hier berichtete Patient unterstreicht, dass bei Patienten mit humangenetisch gesicherten Chorea-Akanthozytose eine pallidale THS erwogen werden sollte.
Literatur:
1. Neurology 2007; 68, 160 – 161.
2. Stereotact Funct Neurosurg 2012; 90: 273 – 277.
3. Mov Disord 2002; 17: 204 – 207.