Klinische Neurophysiologie 2013; 44 - V7
DOI: 10.1055/s-0033-1337131

Einfluss der offline-Applikation von transkranieller Gleichstromstimulation auf die Konsolidierung motorischen Lernens bei älteren gesunden Probanden

JJ Rumpf 1, M Wegscheider 1, C Fricke 1, D Weise 1, J Claßen 1
  • 1Universität Leipzig, Klinik und Poliklinik f. Neurologie, Leipzig, Deutschland

Hintergrund: Motorische Störungen sind die häufigsten Folgen, unter denen Schlaganfallpatienten zu leiden haben. Die Hauptgruppe der Betroffenen liegt dabei im Altersschnitt über 55 Jahren. In zahlreichen Studien an gesunden, jüngeren Probanden konnte gezeigt werden, dass die simultan zu einem motorischen Training angewendete transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) zu einer Verbesserung der Leistung während des Trainings als auch zu einer verstärkten Konsolidierung des Trainingserfolges im weiteren Verlauf führen kann. Erste positive Studien an kleinen Schlaganfall-Patientenkollektiven lassen an eine klinische Anwendung denken. Ziel dieser Studie war es zu untersuchen, ob die Steigerung der Exzitabilität im primären Motorkortex (M1) und dem Prämotorkortex (PMC) in der frühen Konsolidierungsphase direkt nach einem motorischen Sequenzlern-Training zu einer verbesserten Konsolidierung bei älteren gesunden Probanden führt.

Methoden: In einem randomisierten, doppelt-geblindeten Design wurden bei älteren, neurologisch gesunden Probanden (n = 26, mittl. Alter 65,4 a, 16 weiblich) die Effekte von anodaler tDCS über dem kontralateralen (links) M1 und PMC sowie einer Scheinstimulation (SHAM) auf die Ausführung einer explizit bekannten Fingerbewegungssequenz untersucht. Die Applikation der tDCS (15 min., 1 mA, 35 cm2 Elektroden) erfolgte dabei „offline“ direkt nach dem Training der Sequenzaufgabe. Das Training bestand aus 14 Übungslöcken, unterbrochen durch Pausen von 25 Sekunden. Pro Block sollte die Sequenz (4 – 1-3 – 2-4; 1 = Dig. II, 4 = Dig. V) jeweils 12-mal so schnell und fehlerfrei wie möglich ausgeführt werden. Jeweils 8h (Retest 1) und 22h (Retest 2, jeweils 4 Blöcke) nach dem Training wurde die Geschwindigkeit (time per correct sequence, tps) der korrekt ausgeführten Sequenzen evaluiert.

Ergebnisse: In der ANOVA ergab sich über beide Retests hinweg hinsichtlich der Verbesserung im Vergleich zur Performance am Ende des Trainings ein Haupteffekt für „Gruppe“ (F = 10,444, p = 0,001). Post hoc t-tests zeigen, dass dieser Effekt durch die bessere Performance in der M1 Gruppe getragen wird (M1 vs. SHAM: p = 0,001, M1 vs. PMC: p = 0,006, SHAM vs. PMC: p = 1,000). Es zeigte sich keine Interaktion zwischen Gruppe * Retestzeitpunkt.

Schlussfolgerungen: Offline-Applikation von tDCS über M1 nach dem Training einer Fingerbewegungssequenz kann bei älteren, gesunden Probanden die Konsolidierung des Trainingserfolges bis min. 22h nach dem Training verbessern. Weitere Studien sollten das Potential der offline-tDCS als adjuvante Therapiemethode z.B. in der Rehabilitation motorischer Störungen nach einem Schlaganfall eruieren.