Rofo 2013; 185(8): 762-764
DOI: 10.1055/s-0033-1335497
Der interessante Fall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Darf ein fehlplatzierter Zentralvenenkatheter durch einfaches Herausziehen entfernt werden? – Ein Fallbericht

T. Meissnitzer
,
C. Dinges
,
M. W. Meissnitzer
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

07. Januar 2013

18. März 2013

Publikationsdatum:
21. Mai 2013 (online)

Einleitung

Fehllagen zentralvenöser Katheter (ZVK) können gravierende Folgen haben – z. B. toxische Effekte von Paravasaten, Blutungskomplikationen, Pneumothorax oder Perikardtamponade. Anhand des folgenden Falles stellen wir ein Untersuchungsprotokoll für die Computertomografie (CT) vor, das wichtige Fragen bei vermuteter ZVK-Fehllage beantwortet: 1. Liegt eine Fehllage vor? 2. Wurden durch den fehlpositionierten ZVK Gefäße oder Organe verletzt? 3. Erfordert die Behandlung komplexe gefäß- bzw. thoraxchirurgische Maßnahmen oder ist ein komplikationsloses Herausziehen des fehlliegenden Katheters möglich?

Fallbericht

Eine 29-jährige Patientin mit Thoraxtrauma nach Verkehrsunfall erhielt im Rahmen der Erstversorgung einen ZVK im Bereich der linken oberen Thoraxapertur. Die Lage des ZVK im Thoraxröntgen wurde extern als regelrecht in der V. subclavia links bewertet. Da sich linksseitig Frakturen der 2. Rippe und der Clavicula sowie eine pleurale Verschattung im Unterfeld zeigten, wurde unter Annahme eines traumatischen Hämatothorax auch eine Pleuradrainage links gelegt. Über den ZVK ließen sich Pharmaka sowie Blutkonserven problemlos verabreichen. Klinisch auffällig war die Diskrepanz der hohen Förderrate des Thoraxdrains (bis 250 mL/h blutig tingierte Flüssigkeit) zum stabilen Zustand der Patientin. Zur weiteren Versorgung wurde die Patientin an unser Uniklinikum verlegt. Nach Begutachtung der auswärtigen Thoraxaufnahme ([Abb. 1]) wurde zusätzlich ein CT-Nativscan durchgeführt, der Verdacht einer ZVK-Fehllage bestätigte sich. Beweisend war die Applikation von 20 mL nicht ionischem, isoosmolarem Kontrastmittel per Hand über den ZVK, das sich zu einem minimalen Teil im vorderen Mediastinum verteilte und zum größten Teil in den linken Pleuraraum und weiter via Pleuradrain nach extern abfloss ([Abb. 2]). Zur exakten Darstellung der räumlichen Beziehung zwischen ZVK und mediastinalen Strukturen und zur Beurteilung der Integrität der intrathorakalen Gefäße wurde Kontrastmittel per Motorspritze über eine subkutane Vene der ipsilateralen oberen Extremität appliziert ([Abb. 3], [4]CT-Untersuchungsprotokoll [Tab. 1]). Da kein Hinweis auf intrathorakale Gefäßläsion bestand, wurde der fehlliegende ZVK durch einfaches Herausziehen entfernt.

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Abb. 1 Thoraxübersichtsröntgen nach ZVK-Anlage. Projektionsgemäß zu weit kaudal gelegener ZVK (dicker Pfeil). Linksseitig Fraktur der 2. Rippe und der Clavicula (Pfeilspitzen). Als Hämatothorax interpretierte pleurale Verschattung links (Stern), Pleuradrain (dünne Pfeile).
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Abb. 2 Axiales CT nach Kontrastmittelgabe per Hand über den ZVK. Der fehlplatzierte ZVK (dünner Pfeil) penetriert den ventralen costomediastinalen Pleurarezessus auf seinem Weg in das vordere Mediastinum. Das über den ZVK applizierte Kontrastmittel fließt daher zum größten Teil in den linken Pleuraraum und via Pleuradrain (dicker Pfeil) nach extern ab (Sterne). Bilaterale Mammaaugmentation als Nebenbefund.
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Abb. 3 Volume Rendering zur übersichtlichen Darstellung der topografischen Beziehung zwischen ZVK und großen mediastinalen Gefäßen. Lageverhältnis des ZVK (dünner Pfeil) zur V. brachiocephalica sinistra (Pfeilspitze). Über den ZVK per Hand appliziertes und sich bereits verteilendes KM-Extraluminat (Stern).
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Abb. 4 CPR auf den Verlauf des ZVK. Detaillierte anatomische Verhältnisse entlang des ZVK-Verlaufs (dünne Pfeile). Kein Hinweis für eine Perforation der V. brachiocephalica sinistra (Pfeilspitze). Über den ZVK per Hand appliziertes KM-Extraluminat (Stern).
Tab. 1

CT-Untersuchungsprotokoll zur Erkennung und Unterscheidung von einfachen und komplexen Katheterfehllagen. Die diagnostisch und therapeutisch relevanten Informationen sind jeweils angeführt.

  • Nativscan:
    (64 Zeilen-CT; 120 kV, 100 mAs)

Orientierung über Katheterlage

Planung des weiteren Protokolls, Ausgangsbefund zur Differenzierung Kontrastmittel (verabreicht im Anschluss per Hand via Katheter) versus andere hyperdense Retentionen (z. B. Pharmaka)

  • Scan nach Kontrastmittelgabe (20 ml) über den Zentralvenenkatheter per Hand:

mögliches Extraluminat als Beweis der ZVK-Fehllage

  • KM-gestützter Scan (i. v. Applikation von 100 ml über eine periphere Vene per Motorspritze; Flussrate: 4 ml/s, Delay: 70 s):

Beurteilung der Integrität der thorakalen Gefäßstämme, insbesonders der ArterienExakte Lokalisierung der Gefäßläsion

  • Nativscan ca. 20 min nach erfolgter ZVK-Entfernung:

Ausschluss eines Mediastinalhämatoms


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