Zeitschrift für Orthomolekulare Medizin 2013; 11(2): 1
DOI: 10.1055/s-0032-1328700
Editorial
Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart · New York

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Uwe Gröber
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Publication Date:
19 June 2013 (online)

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Erkrankungen der Sinnesorgane und insbesondere Erkrankungen des Ohres bedeuten für die betroffenen Patienten eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität. So hat sich der Tinnitus nach Angaben der deutschen Tinnitus-Liga mittlerweile zu einer echten Volkskrankheit entwickelt. Etwa 3 % der 18- bis 39-Jährigen, 10 % der 40- bis 64-Jährigen und 15 % der über 65-Jährigen sind bereits von einem chronischen Tinnitus betroffen. Schätzungen zu Folge klagen über 3 Mio. Menschen in unserem Land über ständigen Tinnitus, das entspricht in etwa 4–5 % der Gesamtbevölkerung.

Mitochondriale Funktionsstörungen im Innenohr oder im zentralen auditorischen Kortex als Folge von Lärmeinwirkungen sind schon in den 1970er-Jahren beschrieben worden. In den Mitochondrien findet bekanntlich die Betaoxidation als Endstrecke des Lipidstoffwechsels und der Zitratzyklus als Endstrecke des Kohlenhydrat- und Proteinstoffwechsels statt. Die bei diesen Prozessen gewonnenen Reduktionsäquivalente werden über die mitochondriale Atmungskette auf Sauerstoff übertragen. Die dabei freiwerdende Energie in Form von ATP ist die Hauptenergiequelle aller Zellen. An der Aufrechterhaltung von Struktur und Funktion der Mitochondrien sind ca. 1500 Proteine beteiligt. Diese werden zum großen Teil nuklear codiert und in die Mitochondrien importiert, nur 13 Polypeptide werden von der mitochondrialen DNA selbst codiert. Neben den Zellen des Pankreas, der Niere oder des Herzmuskels findet sich vor allem eine hohe Mitochondriendichte in den Zellen aller Sinnesorgane.

Als mitochondriale Erkrankungen bezeichnet man alle Erkrankungen, die mit einer Fehlfunktion der Mitochondrien einhergehen, insbesondere mit einer Beeinträchtigung des Energiestoffwechsels. Dies sind zum einen die genetischen Erkrankungen mit Mutationen der mtDNA (z. B. das MELAS-Syndrom) und mit Mutationen in nuklear codierten mitochondrialen Genen (z. B. das Leigh-Syndrom). Dr. Agnieszka Szczepek vom Molekularbiologischen Forschungslabor der Charité in Berlin stellt in ihrem Beitrag interessante Zusammenhänge zwischen Tinnitus, Hörverlust und mitochondrialer Dysfunktion vor. Darin wird auch der Stellenwert von mitotropen Nährstoffen wie Coenzym Q10, Zink und Vitamin B12 hervorgehoben.

Dass bei der Entwicklung sensorineuraler Hörstörungen auch Umweltstressoren eine wesentliche Rolle spielen, beschreibt Dr. med. Peter Ohnsorge aus Würzburg in seinem Beitrag. Eine sorgfältige umweltmedizinische Anamnese und Labordiagnostik ist hierbei eine unabdingbare Voraussetzung für eine kausale Therapie. Zusätzlich wird der Stellenwert der klinischen Umweltmedizin bei multifaktoriellen Umwelterkrankungen anschaulich anhand von Patientenbeispielen präsentiert.

Weitere interessante Beiträge zur Makuladegeneration als sekundäre Mitochondriopathie sowie über die Haut als endokrines Organ lesen Sie von Dr. med. Bodo Kuklinski und Prof. Dr. med. Jörg Reichrath in dieser Ausgabe.

Dank der tatkräftigen Hilfe unserer Autoren können wir Ihnen erneut ein spannendes Heft präsentieren, das hoffentlich Ihren Geschmack trifft. Wir wünschen Ihnen wie immer viel Spaß beim Lesen und Vermehren der gewonnenen Erkenntnisse.

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Ihr Uwe Gröber