Aktuelle Dermatologie 2013; 39(05): 185-193
DOI: 10.1055/s-0032-1326476
Tagungsbericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Dresdner Dermatologische Demonstration 2013 – zugleich Tagung der Sächsischen Dermatologischen Gesellschaft am 9. März 2013[*]

Dresden Dermatology Demonstration 2013 – Meeting of the Saxonian Society of Dermatology March 9, 2013
G. Hansel
Klinik für Dermatologie und Allergologie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt, Städtisches Klinikum, Akademisches Lehrkrankenhaus der TU Dresden
,
A. Koch
Klinik für Dermatologie und Allergologie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt, Städtisches Klinikum, Akademisches Lehrkrankenhaus der TU Dresden
,
U. Wollina
Klinik für Dermatologie und Allergologie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt, Städtisches Klinikum, Akademisches Lehrkrankenhaus der TU Dresden
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Publication History

Publication Date:
13 May 2013 (online)

Fogo selvagem (brasilianischer Pemphigus)

D. Langner, K. Hohaus, U. Wollina

Anamnese: Ein 60-jähriger Patient stellte sich mit disseminierten pruriginösen Hautveränderungen im Dezember 2012 vor. Im November 2012 hatte der Patient eine Rundreise durch Bolivien und Peru unternommen. Anfang Dezember 2012 trat über 3 Wochen ein Dengue-Fieber auf.

Allgemeinbefund: Keine Auffälligkeiten.

Hautbefund: Es fanden sich generalisierte, erythrosquamöse, infiltrierte Plaques am Körperstamm, den Extremitäten, an Gesicht und Kopfhaut. Im Verlauf entwickelten sich pralle Blasen ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Fogo sevalgem. a Übersicht, b Detailaufnahme mit erythematosquamösen Läsionen mit nach innen gerichtetem Schuppenkranz. Am rechten oberen Rand eine eintrocknende Blase.
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Histologie: Es fand sich eine chronische, oberflächlich perivaskuläre, akantholytische Dermatitis unter Beteiligung von Plasmazellen und wenigen eosinophilen Granulozyten ([Abb. 2]). In der Epidermis lag eine IgG- und C3-positive, interzelluläre, direkte Immunfluoreszenz vor.

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Abb. 2 Fogo sevalgem – Histologie mit subkornealer Spaltbildung (HE × 10).

Laborbefunde: Pathologisch waren Leukozyten 12,25 Gpt/l, Neutrophile 83,7 %, Lymphozyten 11 %. Die Pemphigus-AK (1 : 40) und Antikörper gegen Desmoglein-1 waren positiv. HLA-DR B1 01*01 positiv.

Therapie und Verlauf: Es erfolgte eine systemische Therapie mit initial 100 mg Prednisolon/d per os unter Magenschutz mit Pantozol 20 mg. Nach Eingang aller Laborbefunde verabreichten wir zusätzlich Dapson 100 mg täglich. Zur Lokaltherpie kam initial Fusidinsäure/Betamethason-Creme und im weiteren Verlauf Betamethason-V-Creme 0,1 % NRF für die Körperhaut zur Anwendung. Die Kopfhaut wurde mit Prednicabatschaum und das Gesicht mit Prednicarbatcreme behandelt. Aufgrund einer Dapson-Unverträglichkeit wurde die Medikation auf Mycophenolsäure (Myfortic®) umgestellt, was gut toleriert wurde.

Kommentar: In Zusammenschau der erhobenen Befunde konnte die Diagnose eines endemischen Pemphigus foliaceus gestellt werden. Hierfür sprechen der Aufenthalt in den Endemiegebieten, Klinik, Histologie, Antikörper gegen Desmoglein-1 und HLA-Status.

Der endemische Pemphigus folicaceus, auch Fogo selvagem genannt, ist ursprünglich in bestimmten Regionen Brasiliens beobachtet worden. Ein Umweltagens wird als Auslöser vermutet [1 – 3]. Hierfür spricht auch die Prädominanz von IgG4-Autoantikörpern gegen Desmoglein-1 [3]. Zum Teil wurden auch Antikörper gegen Desmocollin nachgewiesen [1, 2]. Das wichtigste histologische Merkmal des endemischen Pemphigus foliaceus ist eine subkorneale akantholytische Blase. An der Blasenentstehung sind Proteasen wie Urokinase-Typ, Plasminogenaktivator und Serin-Proteasen beteiligt. Apoptosemarker wie Bax sind in den Läsionen erhöht [1 – 3].

Neuere epidemiologische Daten zeigen, dass die Erkrankung auch in Peru, Kolumbien, El Salvador, Venezuela und Tunesien vorkommt [4]. Gesicht, behaarter Kopf und Rumpf sind am häufigsten betroffen. Juckreiz und Brennen sind die häufigsten Symptome – daher auch der brasilianische Name Fogo selvagem. Die Therapie entspricht der des Pemphigus vulgaris [1 – 2].


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Literatur

1 Abréu-Vélez AM, Reason IJ, Howard MS, Roselino AM. Endemic pemphigus foliaceus over a century: Part I. N Am J Med Sci 2010; 2: 51 – 59

2 Abréu-Vélez AM, Roselino AM, Howard MS, Reason IJ. Endemic pemphigus over a century: Part II. N Am J Med Sci 2010; 2: 114 – 125

3 Qian Y, Prisayanh P, Andraca E, Qaqish BF, Aoki V, Hans-Filhio G, Rivitti EA, Diaz LA; Cooperative Group on Fogo Selvagem Research. IgE, IgM, and IgG4 anti-desmoglein 1 autoantibody profile in endemic pemphigus foliaceus (fogo selvagem). J Invest Dermatol 2011; 131: 985 – 957

4 Ramos W, Chacon GR, Galarza C, Gutierrez EL, Smith ME, Ortega-Loayza AG. Endemic pemphigus in the Peruvian Amazon: epidemiology and risk factors for the development of complications during treatment. An Bras Dermatol 2012; 87: 838 – 845


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* Vorsitz: Prof. Dr. U. Wollina
Berichterstatter: Frau Dr. G. Hansel, Dr. A. Koch, Prof. Dr. U. Wollina
Histopathologie: Frau Dr. J. Schönlebe, Prof. Dr. G. Haroske
Klinische Fotodokumentation: Frau R. Herz
Plenarvorträge:
PD Dr. M. Kaatz: Neue medikamentöse Therapie des fortgeschrittenen Basalzellkarzinoms
PD Dr. M. Podda: Neues aus der Dermatochirurgie
Dr. S. Metz: Candia glabrata – Pathogenität und Stand der Therapie