Neonatologie Scan 2012; 01(02): 105
DOI: 10.1055/s-0032-1325819
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Epidemiologische Daten
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Beeinflusst das Management bei extremen Frühgeburten die Ergebnisse bei älteren Säuglingen?

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Publication Date:
01 December 2012 (online)

Aktuelle Studien zeigen immer noch geringe Fortschritte bei der Mortalität und Morbidität von sehr kleinen Frühgeborenen. Dabei ist vor allem der Unterschied beim krankheitsfreien Überleben der Kinder zwischen einzelnen Zentren auffällig, auch nach Adjustierung für demografische Faktoren. Eine Gruppe des Eunice Kennedy Shriver National Institute of Child Health and Human Development (NICHD) Neonatal Research Network (NNR) hat nun eine interessante Hypothese aufgestellt und überprüft: Hat das Prozedere beim Umgang mit Frühgeborenen an der Grenze der Überlebensfähigkeit Einfluss auf die medizinischen Erfolgsraten bei älteren Frühgeborenen?

Zentren, die einen aggressiven Ansatz bei der Behandlung extrem früh geborener Kinder (Gestationsalter 22 – 24 Wochen) verfolgen, weisen bessere Ergebnisse bei der Behandlung Frühgeborener von der 25. – 27. Gestationswoche auf. So das Ergebnis der Analyse von Brian Smith und seinen Kollegen vom NICHD-NNR, die dafür auf die prospektiv gesammelten Daten von 20 Zentren mit fast 9000 Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1000 g zurückgegriffen haben. Davon waren 3631 Kinder zwischen der 22. und 24. Gestationswoche geboren worden, 5227 zwischen der 25. und 27. Woche. Als „Marker“ für einen aggressiven Behandlungsansatz galten der pränatale Einsatz von Corticosteroiden, Durchführung eines Kaiserschnitts und Reanimationsmaßnahmen beim Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt. Primärer Endpunkt war die Sterblichkeitsrate von Kindern mit einem Gestationsalter zwischen der 25. und 27. Woche bis zum 120. Lebenstag. Sekundäre Endpunkte umfassten Tod oder jeweils Frühgeborenen-Retinopathie, Sepsis, schwere intraventrikuläre kranielle Blutungen, periventrikuläre Leukomalazie, nekrotisierende Enterokolitis, bronchopulmonale Dysplasie und verzögerte neurologische Entwicklung.

Insgesamt starben 3191 Kinder (36 %), mit einer deutlich höheren Rate bei den Kindern der 22. – 24. Gestationswoche (61 % versus 19 % bei den Kindern der 25. – 27. Woche). Dabei variierte erwartungsgemäß die Mortalitätsrate zwischen den Zentren: Sie lag für die Kinder der 25. – 27. Woche zwischen 5 % und 38 %. Ähnliche Unterschiede fanden sich auch für alle sekundären Endpunkte. Der Einsatz aggressiver Maßnahmen bei den Frühgeborenen der 22. – 24. Woche unterschied sich deutlich zwischen den Zentren: Pränatale Steroide wurden bei 28 – 100 % der Kinder eingesetzt, eine Sectio bei 13 – 65 % der Mütter und Reanimationsmaßnahmen im Kreißsaal bei 30 – 100 % der Neugeborenen durchgeführt. Setzte man diese einzelnen aktiven Maßnahmen bei den Kleinsten nun mit den Mortalitätsraten bei den älteren Frühgeborenen in Beziehung, fand sich eine signifikante Korrelation für den pränatalen Corticosteroideinsatz mit der Sterblichkeit sowie mit einer Reihe sekundärer Endpunkte: Tod oder jeweils Retinopathie, Sepsis, nekrotisierende Enterokolitis und Entwicklungsverzögerung. So fand sich etwa für eine Zunahme des Corticosteroideinsatzes bei den 22 – 24-Wochen-Kindern um 10 % eine Verminderung der Sterblichkeitsrate bei den 25 – 27 Wochen alten Kindern um 15 %. Die Häufigkeit von Kaiserschnitten und Reanimationsmaßnahem bei den Neugeborenen zeigten dagegen keine signifikanten Korrelationen mit dem primären oder einem der sekundären Endpunkte.