Neonatologie Scan 2012; 01(02): 102
DOI: 10.1055/s-0032-1325815
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Entwicklungsförderung
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Entwicklungsverzögerungen: Chancen zur gezielten Förderung von Frühgeborenen werden vertan

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Publication Date:
01 December 2012 (online)

Frühgeborene mit Entwicklungsverzögerungen sollten frühzeitig in spezielle Förderprogramme integriert werden. Dies gelingt allerdings nach Erfahrungen in Kalifornien in der Praxis offenbar viel zu selten. Nur rund jedes 4. Frühgeborene mit besorgniserregenden Entwicklungsverzögerungen bei Kontrolluntersuchungen im Alter von 4 – 8 Monaten wurde daraufhin an ein staatliches Zentrum zur Frühintervention (FI) überwiesen.

Bei der Studie wurden Daten von mehr als 5000 Frühgeborenen ausgewertet, die in Kalifornien an sogenannten neonatalen Follow-Up-Programmen teilnahmen. Alle Kinder waren nach der Geburt auf der Intensivstation versorgt worden. Bei der 1. Follow-Up-Untersuchung im Alter von 4 – 8 Monaten war bei 3270 Kindern der Entwicklungszustand mit standardisierten Tests detailliert beurteilt worden, in der Regel mit Baleys Scales of Infant Development; bei 1609 Kindern waren einfache Screening-Tests erfolgt (meist mit Bayley III). Bei 588 Kindern (18 %) waren die Testergebnisse sehr schlecht – sie hatten einen Developmental-Quotient-Score ≤ 70 in mindestens 1 Untersuchungsdomäne, etwa motorischen Fähigkeiten oder Sprache, weitere 185 Kinder (11 %) hatten den Screening-Test nicht bestanden und waren ebenfalls als Hochrisikokinder eingestuft worden. Was wurde getan, um weiteren Entwicklungsverzögerungen entgegen zu wirken?

Ein Drittel der Hochrisikokinder mit schlechten Testergebnissen erhielten bereits zum Zeitpunkt der Tests eine FI; nach der Kontrolluntersuchung wurden allerdings nur weitere 28 % Kinder dieser Gruppe zur FI überwiesen. Von den Kindern mit guten Testergebnissen bei der 1. Untersuchung erhielten zum Zeitpunkt der Tests 16 % eine FI, bei weiteren 7 % erfolgte nach der Kontrolluntersuchung eine Überweisung zur FI.

Auch bei Berücksichtigung von Überweisungen in andere private Einrichtungen blieben rund ein Drittel der Hochrisikokinder ohne Überweisung in ein spezielles Förderprogramm, kritisieren die Autoren. Ähnlich schlecht waren die Überweisungsraten auch nach der 2. Untersuchung im Alter von 12 – 16 Monaten, die bei 1737 Kindern dokumentiert waren. Besser funktionierten Überweisungen zum Facharzt bei Kindern mit Sehbeeinträchtigungen bei der 1. Kontrolluntersuchung (n = 347) und bei Kindern mit Hinweisen auf Lungenerkrankungen (n = 175). Jeweils rund 80 % von ihnen waren zum Ophthalmologen bzw. Pneumologen überwiesen worden.