Dtsch Med Wochenschr 2012; 137 - A128
DOI: 10.1055/s-0032-1323291

Wie häufig werden Kinder bei anthroposophischen Ärzten geimpft?

K Heckenbach 1, M Tabali 1, H Matthes 1
  • 1Forschungsinstitut Havelhöhe, Berlin

In der anthroposophischen Medizin werden Krankheiten im Kindesalter als förderlich in der Entwicklung eines Kindes angesehen. Diese Auffassung der anthroposophischen Medizin zum Sinn von Krankheiten widerspricht dem gesundheitspolitischem Ziel der Weltgesundheitsorganisation Masern zu eliminieren.Das Ziel der Auswertung war die Bestimmung der Anzahl der durchgeführten Impfungen zu Masern, Mumps, Röteln und der Mehrfachimpfstoffe gegen Diphterie-Keuchhusten-Tetanus (DPT).

Methode:

Retrospektive Auswertung der Verordnungsdaten aus den Jahren 2006–2010 von 20 Ärzten, die eine anthroposophische Zusatzausbildung und Kinder im Alter von 0–18 Jahren behandelt haben. Als Impfungen wurden entsprechende Impfstoffe, die Diagnosen (ICD10 Kodes Z23, Z24, Z26 und Z27) oder, Vorsorgeuntersuchungen (ICD10 Kode Z00.1) gezählt.

Ergebnisse:

Von 2006 bis 2010 wurden 34573 Patienten im Alter von 0–18 Jahren von 20 Ärzten behandelt. Die durchschnittliche Arzttreue betrug 16 Monate. Bei 7398 (21%) Patienten wurde eine Vorsorgeuntersuchung (VSU) durchgeführt. Alle VSU fanden im Alter zwischen 0 und 6 Jahren statt. Bezogen auf die VSU haben 69% an einer einzigen, 25,5% an zwei und 4,9% an drei VSU teilgenommen. Bei 9% wurde der Arzt einmalig besucht. Von allen Patienten, die an einer VSU teilgenommen haben, wurde bei 24,4% eine Impfung durchgeführt, davon 4,6% gegen Masern, Mumps (3,9%), Röteln (4%). Gegen alle drei Krankheiten (MMR) wurden 3,1% geimpft. Gegen DPT wurden 4,4% der Patienten geimpft.

Diskussion:

Patienten, die einen anthroposophischen Arzt aufsuchen, werden wenig geimpft. Nach den Empfehlungen der ständigen Impfkommission sollte jedes Kind gegen MMR und DPT geimpft werden, diese Empfehlungen werden nicht umgesetzt. Da die Betreuung durch den Arzt bei 16 Monaten liegt, könnte die Anzahl der Impfungen höher sein, weil ein Arztwechsel möglich ist.