Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13 - KT_61
DOI: 10.1055/s-0032-1323062

Kritische Falldiskussion der Anlage einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie bei Patienten mit einer progressiven supranukleären Blickparese

G Nübling 1, S Lorenzl 1
  • 1Klinikum Großhadern, Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin, München, Germany

Einleitung: Patienten mit progressiver supranukleärer Blickparese (PSP) entwickeln im Krankheitsverlauf eine ausgeprägte Schluckstörung. Diese ist unter anderem auch durch eine Schluckapraxie gekennzeichnet, so dass viele betroffenen noch geringe Mengen Nahrung zu sich nehmen können. Häufig wird allerdings zu diesem Zeitpunkt der Erkrankung eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) durchgeführt. In unserer Ambulanz für atypische Parkinsonsyndrome sind wir mit der Empfehlung zur PEG-Anlage sehr zurückhaltend.

Projektbeschreibung: Beispielhaft soll an drei Patientinnen der Zeitraum der Erkrankung nach der PEG-Sondenanlage beschrieben werden.

Ergebnisse und Beobachtungen: Alle Patientinnen sprachen sich im frühen Krankheitsverlauf gegen die PEG-Anlage aus. Die Angehörigen überredeten allerdings in allen Fällen die Patientinnen bzw. setzten im weit fortgeschrittenen Stadium die PEG-Anlage in der Funktion des rechtlichen Betreuers durch. Bei 2 der Patientinnen (beide zu Hause betreut) wurde innerhalb eines Jahres nach PEG-Anlage eine Therapiezieländerung mit Beendigung der Flüssigkeit und Ernährung durchgeführt. Dies geschah jeweils mit Zustimmung der Patientinnen. Beide Patientinnen waren zu diesem Zeitpunkt nur noch mit Rollstuhl mobilisierbar und zeigten eine ausgeprägte Spastik mit teilweise exartikulierten Gelenken. Die Therapiezieländerung erfolgte auf unserer Palliativstation (Aufnahmegrund rezidivierende Blaseninfekte). Eine Patientin wird trotz schwerer kognitiver und motorischer Einschränkungen in einem Pflegeheim weiter ernährt.

Schlussfolgerung: Bei Patienten mit PSP ist die Anlage einer PEG eine lebensverlängernde Maßnahme. Das Fortschreiten der Erkrankung ist von ausgeprägten Muskelspasmen und rezidivierenden Infekten begleitet. Daher sollte der Zustand des Patienten engmaschig kontrolliert und lebensverlängernde Maßnahmen kritisch hinterfragt werden.