Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13 - KT_1
DOI: 10.1055/s-0032-1323002

Frühe Integration von Palliativmedizin in das Behandlungskonzept von Patienten mit fortgeschrittenen Tumorleiden

J Scherbel 1, J Bükki 2, S Stiel 1, N Meidenbauer 3, C Ostgathe 1
  • 1Universitätsklinikum Erlangen, Palliativmedizinische Abteilung, Erlangen, Germany
  • 2Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin, München, Germany
  • 3Universitätsklinikum Erlangen, Abteilung für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie, Erlangen, Germany

Fragestellung: Es ist wenig bekannt über die komplexen Bedürfnisse von Patienten mit fortgeschrittenen Tumorleiden und die Faktoren, welche die Behandlung am Lebensende bestimmen. Das Ziel dieser Studie ist es, die Symptomlast und Behandlungsintensität am Lebensende zu eruieren, um Ausgangsdaten vor der Einführung standardisierter palliativmedizinischer Interventionen festzustellen.

Methodik: Retrospektive Studie über den Zusammenhang von Sterbeort, palliativmedizinischer Betreuung, Thematisierung des Sterbens und sozialer Einbindung mit der Symptomlast und Behandlungsintensität bei Patienten der onkologischen Ambulanz einer Universitätsklinik, welche zwischen Juli 2009 und Juni 2011 starben.

Ergebnis: Im Beobachtungszeitraum von Juli 2009 und Juni 2011 verstarben 96 Patienten (61Männer, 35 Frauen; Alter: Ø 62,4; Min 24– Max 83) mit hämatologischen (44) oder soliden Tumore (49); 4 mit unbekannter Diagnosen. Die mittlere Behandlungsdauer betrug 17,9 Monate (Spanne: 1–129). Informationen über die letzten 14 (3) Lebenstage lagen für 62 (44) Patienten vor. Siebenundvierzig Patienten erhielten aggressive Therapien am Lebensende, was stark mit dem Sterbeort Klinik assoziiert war (p<0,001, χ2 Test). Die 15 Patienten, die palliativmedizinisch mitbetreut wurden oder in einer Palliativeinrichtung starben, hatten weniger Symptome (p<0,006, T-Test) und Interventionen (p<0,001, T-Test) am Lebensende. Thematisierung des Sterbens korrelierte mit weniger Interventionen in den letzen 3 Tagen (p<0,035, T-Test) und dem Sterbeort Palliativeinrichtung (p<0,001, χ2 test).

Schlussfolgerung: Die meisten Tumorpatienten erhalten aggressive Therapien am Lebensende, die die Lebensqualität einschränken können. Frühzeitige Thematisierung des Sterbens kann die Zahl unnötiger Interventionen reduzieren und kann zu vermehrtem Aufsuchen von Palliativeinrichtungen führen.